Mit der Ankündigung von Kabel Deutschland, sowohl Datenraten als auch Programmangebot von ARD und ZDF als Folge der Kündigung der Einspeiseverträge zu kürzen, wird erstmals auch der Zuschauer zum Leidtragenden des Kabelstreits. Dass es ohne eine Einigung auch zu Einschnitten für dieKabelkunden kommen würde, war dabei abzusehen – und wurde von beiden Seiten ohne echte Vorwarnung in Kauf genommen.
Spätestens seit Kabel Deutschland am 7. Januar angekündigt hat, die Datenraten für die digitale Übertragung der öffentlich-rechtlichen Programme zu senken und die Anzahl der regionalen Programmvarianten der Dritten Programme zu kürzen, ist klar: Der Kabelstreit wird auch auf dem Rücken der Zuschauer ausgetragen. Die bisher angekündigten Einschnitte mögen zwar für die Mehrzahl der Kabelkunden zu verschmerzen sein, und auch die Must-Carry-Regelungen werden dadurch nicht verletzt, doch spätestens jetzt muss der Verdacht aufkommen, dass die am Streit beteiligten Parteien den Zuschauer kaum im Blick haben.
Die Öffentlich-Rechtlichen selbst werden von den jüngsten Leistungskürzungen kaum getroffen. Ihre Hauptprogramme werden, wenn auch in geringerer Qualität, weiterhin bei Kabel Deutschland eingespeist. Die Verringerung der Bandbreiten für die Übertragung ihrer Signale ist zwar ärgerlich, aber trifft in erster Linie die Zuschauer, die nicht die Möglichkeit haben, einfach auf Satellit oder IPTV zu wechseln.
Zwar weist man bei der ARD im Zuge der jüngsten Leistungskürzungen seitens Kabel Deutschland darauf hin, dass den Fernsehzuschauern theoretisch mehrere Empfangsalternativen zur Verfügung stehen, doch in der Praxis dürften diese sich kaum getröstet fühlen. Wer bislang mit seinem Kabelanschluss bei der KDG zufrieden war und sich nicht nach alternativen Empfangsmöglichkeiten umgesehen hat, der wäre in den meisten Fällen erst einmal gezwungen, technisch umzurüsten. Hinzu kommt, dass Satelliten-Empfang vielen Mietern vertraglich untersagt ist und über DVB-T das Senderangebot je nach Region stark schwanken kann – von HD mal ganz zu schweigen.
Bei Kabel Deutschland scheint man sich indes noch nicht ganz bewusst zu sein, dass man mit den jüngsten Maßnahmen zwar in der Tat die Leistungen für ARD und ZDF kürzt, aber eben im gleichen Atemzug auch für die Kabelkunden. Angesichts der Ankündigung im Vorfeld, man wolle den Streit um die Zahlung der Kabeleinspeiseentgelte nicht auf dem Rücken der Kunden austragen, dürfte dies vielen Kabel-Kunden sauer aufstoßen.
Auch die Öffentlich-Rechtlichen konnten mit der aktuellen Reaktion von Kabel Deutschland rechnen, die Leistungen in dem Rahmen zu kürzen, der nicht von den Must-Carry-Regelungen geschützt wird. Auch dort wurden die Auswirkungen auf die Zuschauer quasi als Nebeneffekt des Streits in Kauf genommen. Etwas ungünstig ist dabei das zeitliche Zusammenfallen mit dem Start des neuen Rundfunkbeitrages, den alle gleichermaßen zahlen müssen, egal welche Angebote von ARD und ZDF sie nutzen oder in dem Falle überhaupt noch nutzen können. Wer also zu einem Kabelanschluss bei Kabel Deutschland keine sinnvolle Alternative hat, der bezahlt beide Seiten weiterhin in vollem Umfang, bekommt aber aufgrund der aktuellen Streitigkeiten untereinander ein schlechteres Angebot als viele andere Zuschauer.
Bei allem Verständnis dafür, dass Kabel Deutschland und die Öffentlich-Rechtlichen im Kabelstreit für die Vertretung ihrer jeweils eigenen Interessen durchaus nachvollziehbare Gründe haben, hätte hier bereits im Vorfeld eine echte Entschuldigung gegenüber dem Kunden und Zuschauer Not getan, der zumindest bisher als Leidtragender des Streits dasteht. [Patrick Schulze ]
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