Netze und Inhalte aus einer Hand – so lautet eine der Erfolgsformeln von Kabelnetzbetreibern. Doch diese Formel könnte mehr und mehr dadurch aufweichen, dass die Netzbetreiber mittlerweile auch Anschlüsse für Breitband-Internet verkaufen. Über das Internet ist der Kunde jedoch schon heute nicht mehr auf das TV-Angebot beschränkt, das sein Netzbetreiber ihm bietet.
Nachdem in der vergangenen Woche an dieser Stelle die Frage beleuchtet wurde, ob Kabelnetzbetreiber das klassische Kabelfernsehen in Zukunft überhaupt noch brauchen werden oder angesichts ihrer für Breitband-Internet tauglichen Netze auch komplett auf eine TV-Verbreitung via IPTV umstellen könnten (Ein Fernsehkabel ohne Kabelfernsehen?), soll das Ganze nun einmal aus Kundensicht betrachtet werden.
Infrastruktur und Inhalte aus einer Hand – dies ist das Geschäftsmodelle der Kabelnetzbetreiber. Bei Kabel Deutschland, Unitymedia Kabel BW, Tele Columbus und faktisch auch bei der Deutschen Telekom als IPTV-Anbieter mieten Kunden schon längst nicht mehr nur den schnöden Kabelanschluss mit einer begrenzten Zahl von TV-Programmen, sondern sie bekommen gegen Aufpreis auch extra Programmpakete, die direkt beim Netzbetreiber gebucht werden. In Gefahr geraten könnte dieses Geschäftsmodell jedoch ausgerechnet durch ein zweites wichtiges Standbein der Netzbetreiber: Den Verkauf von Breitband-Internetanschlüssen über ein und das selbe Kabel.
Die Rede ist dabei keinesfalls von möglichen Kapazitätsengpässen im Kabel. Denn diese lassen sich zumindest theoretisch durch das Aufrüsten der Netze mit neuesten Übertragungstechnologien und der mittelfristig anstehenden Abschaltung der analogen TV-Sender umgehen. Zur Gefahr könnte vielmehr der Umstand werden, dass längst andere Anbieter damit begonnen haben, über das Internet eigene TV-Angebote zu vermarkten. Dies sind zum einen die Sender selbst, die ihre Programme oftmals als Livestream und als Abruf-Videos zur Verfügung stellen. Zum anderen sind es Anbieter wie das Schweizer Unternehmen Zattoo, die riesige IPTV-Pakete anbieten, ohne eine eigene Netzinfrastruktur zu besitzen.
Anders als beim klassischen Kabelfernsehen, bei dem der Netzbetreiber nur sein eigenes Programmangebot transportiert, werden über das Netz natürlich Angebote aller Anbieter gleichermaßen verfügbar. Der Nutzer ist damit faktisch schon heute nicht mehr auf das Programmportfolio des jeweiligen Netzbetreibers angewiesen und hat die Möglichkeit, sich aus anderen Quellen völlig legal sein eigenes Bouquet zusammen zu suchen. Aktuell mag dies für die meisten noch zu umständlich und zu wenig intuitiv sein, doch das wird mit Sicherheit nicht so bleiben.
Für die Netzbetreiber, die auch Inhalteanbieter sein wollen, erwächst hier eine Konkurrenz, die das gleiche Netz nutzt. Umso spannender wird in Zukunft die Frage nach der Entwicklung der Netzneutralität sein. Werden die Inhaber der Netze auch in Zukunft etwa Drittanbietern, die zu Konkurrenten im TV-Bereich werden, die gleichen Rechte und Geschwindigkeiten in ihren Netzen einräumen, wie den eigenen Angeboten? Wäre dies überhaupt gerechtfertigt oder hat derjenige, der die Infrastruktur aufbaut und wartet hier nicht ein Vorrecht gegenüber demjenigen verdient, der diese Infrastruktur lediglich nutzt, um eigene, sehr datenaufwändige Dienste zu verkaufen?
Die Beantwortung dieser Fragen wird ausschlaggebend dafür sein, wie erfolgreich das Geschäftsmodell „Netz und Inhalte aus einer Hand“ in fernerer Zukunft sein wird. Gut möglich, dass die Konzentration auf Breitband-Internet seitens der Kabelnetzbetreiber irgendwann dazu führen wird, dass Kunden verstärkt dazu übergehen ihre TV-Programme aus anderen Quellen zu beziehen. Der klassische Kabelfernsehanschluss könnte dann überflüssig werden und der Kabelnetzbetreiber würde zum gewöhnlichen Internet-Provider.
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Ein Fernsehkabel ohne Kabelfernsehen?[Patrick Schulze ]
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