Das digitale Kabelfernsehen entwickelt sich. Dies geht aus dem veröffentlichten Digitalisierungsbericht der Landesmedienanstalten hervor. Im Juni 2014 nutzten demnach 62,9 Prozent der deutschen Kabel-TV-Haushalte digitale Fernsehprogramme. Bei der Vermarktung von HDTV-Programmen sehen sich die Kabelnetzbetreiber sogar als „Marktführer“.
„Kabelfernsehen baut Marktführung bei HDTV aus“, heißt es in der Überschrift des Kabelverbands Anga. Erklären lässt sich dies mit der zum Teil durch Paketierung erzwungenen „Vermarktung“ von HD-Programmen der großen Senderketten ProSiebenSat.1, RTL & Co. bei Kabel-Neukunden. Die Kabelunternehmen verzeichneten jedenfalls zur Jahresmitte mehr als drei Millionen Abonnenten, die auch die HD-Programme der werbefinanzierten Privatsender empfangen. Beim Satellitendirektempfang beliefe sich die zum 30. Juni veröffentlichte Zahl von zahlenden Kunden für das HD-Paket mit den privaten FreeTV-Sendern bei fast gleicher technischer Reichweite auf 1.543.404 (weitere rund 1,3 Millionen waren noch in der kostenlosen Testphase).
Damit sehen sich die Kabelnetzbetreiber als „HDTV-Marktführer“, auch wenn die deutsche HDTV-Sendervielfalt bei Entertain der Deutschen Telekom (IPTV) größer ist und die Reichweite beim Satellitendirektempfang über Astra sowieso als Marktführer außer Frage steht.
„Die Meldung bezieht sich auf die Vermarktung von privaten HD-Programmen gegenüber Fernsehhaushalten. Hier ist die Kabelbranche, wie sich aus den genannten Zahlen ergibt, mit großem Abstand Marktführer“, so Peter Charissé, Geschäftsführer des Kabelverbands Anga, selbstbewusst gegenüber DF. Die Frage, ob die Kabelanbieter nicht eher ein „Marktführer“ bei der Verbreitung der großen Privatsenderketten sei, klärt Charissé auf: „Es geht nicht um Verbreitung, sondern um Vermarktung. Bei der bloßen Verbreitung von entgeltfrei empfangbaren HD-Programmen kann man z.B. nicht von einem „Markt“ und einer „Vermarktung“ sprechen.“
Naturgemäß anders sieht das Wolfgang Elsäßer, Geschäftsführer von Astra Deutschland: „In Sachen HD ist die Frage der Marktführerschaft relativ eindeutig. Laut Zahlen der Landesmedienanstalten empfangen in Deutschland aktuell knapp zehn Millionen Haushalte Fernsehen (9,75 Millionen) über Satellit in HD-Qualität. Marktführer ist das Kabel sicher beim Preis. Knapp 20 Euro muss im Monat bezahlen, wer ein Basis-HD-Angebot bekommen möchte, bei dem in vielen Kabelnetzen dann noch nicht einmal alle kostenfreien öffentlich-rechtlichen HD-Angebote enthalten sind. Über Satellit gibt es sie ohne Ausnahme komplett – für null Euro im Monat. Und wer 20 weitere private Sender wie RTL, Sat.1 und ProSieben zusätzlich in HD empfangen möchte, hat mit dem HD+ Angebot für 5 Euro im Monat über Satellit eine ausgesprochen günstige Alternative.“
Dennoch: Das Kabel holt zweifelsfrei auf. Der deutsche Geschäftsführer des Satellitenbetreibers sieht auch das gelassen: „Es ist ja durchaus verständlich, dass die Kabelbranche sich über den Anstieg der Digitalisierungsquote auf 62,9 Prozent freut, wie sie der Digitalisierungsbericht der Landemedienanstalten jetzt ausweist. Das bedeutet natürlich andererseits, dass fast vier von zehn deutschen Kabelhaushalten immer noch die veraltete analoge Fernsehtechnik nutzen. Die Fernsehnutzung über Satellit ist bereits seit 1. Mai 2012 zu 100 Prozent digital. Wenn man 100 Prozent hat, kann man leider nicht mehr zulegen – und sich auch nicht (per Pressemitteilung) über weitere Anstiege freuen. Trotzdem freuen wir uns jeden Tag, vor allem für die Zuschauer, die Fernsehen über Satellit ohne Ausnahme digital empfangen“, fügt Elsäßer schmunzelnd hinzu.
Und wenn zwei sich streiten, kann sich der Dritte vielleicht freuen: Die meisten HDTV-Programme gibt es in Deutschland weiterhin bei Entertain der Deutschen Telekom, auch wenn deren Verbreitung und/oder Vermarktung noch nicht ganz so üppig ausfallen mag. Es kommt eben immer auf den Blickwinkel an, welchen Markt man gerade anführt. [th]
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