Trägt das Kabel als Versorgungsweg zur Grundversorgung der Bevölkerung mit TV-Programmen bei? Aus Sicht von Kabel-Deutschland-Geschäftsleitungsmitglied Christoph Clement ist dies unbestreitbar der Fall. Schließlich versorgt das Kabel knapp 50 Prozent der deutschen TV-Haushalte. Dies sei auch einer der Gründe, warum ARD und ZDF für die Verbreitung ihrer Programme zahlen müssten.
In der vergangenen Woche hatte die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) in München zu einer Diskussionsrunde zum langlebigen Konfliktthema Kabelstreit geladen. Zwischen den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten ARD und ZDF auf der einen, sowie den Kabelnetzbetreibern Kabel Deutschland und Unitymedia Kabel BW auf der anderen Seite, ging es dabei heiß her. Schließlich streiten sich beide Seiten seit nunmehr rund anderthalb Jahren über die Zahlung der Einspeiseentgelte für die Kabelverbreitung von TV-Sendern, welche von ARD und ZDF zum 31. Dezember 2012 eingestellt wurde.
Einer der wichtigsten Argumentationspunkte der Öffentlich-Rechtlichen ist dabei, dass die Kabelverbreitung für diese kein Grundversorgungweg sei. Die Grundversorgung der Bevölkerung mit öffentlich-rechtlichen TV-Programmen, werde vielmehr sichergestellt durch Satellit, DVB-T und Internet-Stream. Laut Christoph Clement, Mitglied der Geschäftsleitung von Kabel Deutschland, würden ARD und ZDF mit einer solchen Sichtweise jedoch die Realität ausblenden. Schließlich würden knapp 50 Prozent der Haushalte in Deutschland ihr TV-Signal über das Kabel beziehen.
Sollte die Grundversorgung tatsächlich allein über Satellit, DVB-T und Internet erfolgen, dann sei eine Must-Carry-Regelung für die Kabelnetzbetreiber ja gar nicht notwendig. Auch Prof. Dr. Hans-Heinrich Trute, der juristische Gutachter im Auftrag der KDG, argumentierte, dass das Kabel für den Auftrag der flächendeckenden Grundversorgung unverzichtbar sei.
Laut Clement gehe man bei Kabel Deutschland zwar davon aus, dass man sich im Kabelstreit eines Tages durchsetzen werde, dennoch müsse man auch alternative Geschäftsmodelle ins Auge fassen. Denkbar sei etwa das amerikanische Modell, bei dem die Netzbetreiber zwar keine Einspeiseentgelte von den Sendern erhalten, dabei jedoch an den Werbeeinnahmen der Sender partizipieren.
In der Diskussion zwischen Kabelnetzbetreibern und Öffentlich-Rechtlichen kamen dabei auch zahlreiche Gutachter zu Wort, die den Streitfall aus ökonomischer oder juristischer Sicht betrachteten. Dr. Karl-Heinz Neumann, Gutachter im Auftrag der KDG, argumentierte dabei, dass die Kabelnetzbetreiber ihre Endpreise für die Kunden um rund zehn Prozent erhöhen müssten, wenn die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten keine Entgelte mehr für die Weiterverbreitung ihrer Programme im Kabel zahlen.
Dem hielt Prof. Dr. Torsten J. Gerpott, der Gutachter im Auftrag des MDR, entgegen, dass der Wegfall der Gebühren das Geschäft der Kabelnetzbetreiber nicht signifikant beeinflussen würde. Sollten Kabel Deutschland und Unitymedia Kabel BW dennoch gezwungen sein, die fehlenden Einnahmen auf die Zuschauer umzulegen, so müssten diese laut Gerpott nur 28 Cent im Monat mehr zahlen.
Ein von Prof. Karl-Eberhard Hain im Auftrag der ARD erstelltes Gutachten zu den juristischen Hintergründen zeigte, dass Must-Carry nicht automatisch auch Must-Pay bedeuten muss. So sei in diesem Punkt überhaupt keine Endgeltregulierung durch die Legislative vorgesehen.
Laut der Argumentation von ARD und ZDF gehöre die Kabelverbreitung nicht zur Sicherstellung der Grundversorgung. Diese werde gewährleistet durch die Programmverbreitung via Satellit, DVB-T und Internet-Stream.
Insgesamt kam es in der Diskussionsrunde zu keiner echten Annäherung zwischen den Streitparteien. Klar ist, dass aus ökonomischer und juristischer Sicht nach wie vor unterschiedliche Ansichten zum Thema Einspeiseentgelte existieren. Daher ist davon auszugehen, dass der Streitfall auch weiterhin gerichtlich ausgetragen wird. Zuletzt war Kabel Deutschland dabei mit einer Klage gegen den SWR in zweiter Instanz vor dem Oberlandesgericht Stuttgart gescheitert.
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