Tele Columbus möchte Pionier sein und verkündet schnelle Internetzugänge mit bis zu 400 Mbit/s. Aber wie performant und leistungsstark sind die Netze des Kabelnetzbetreibers?
Schnelles Internet wollen alle. Bis zu 400 Mbit/s im Download ohne Drosselung in Potsdam klingen erst mal toll. Jedenfalls für sachlich uninformierte Börsianer. Bei einem Shared Medium wie dem TV-Kabel weiß jeder, dass diese nicht zwingend beim Nutzer ankommen werden müssen. Kabel-Internet ist ähnlich wie DSL von den Leitungsanbietern mindestens 150 bis 200-fach überbucht, das heißt, es handelt sich in der Diskussion um noch mehr Bandbreite ohnehin nur um rein theoretisch erreichbare Werte, die beim Medium Kabel durch die Zahl der Nutzer deutlich limitiert werden können.
Aber Tele Columbus hat noch mit einer weiteren Besonderheit zu kämpfen, denn das Kabelnetz besteht aus vielen Inselbereichen, die alle aufwändig separat mit Internet-Uplink erschlossen werden müssen. Ein schneller, flächendeckender Rollout der 400 Mbit/s dürfte somit sehr schwierig werden.
Schaut man sich die Anbindung von Tele Columbus ans Internet genauer an, so stellt man fest, dass laut den gängigen öffentlichen Datenbanken der Netzbetreiber an den beiden lokalen Berliner Austauschknoten BCIX (Berlin Commercial Internet Exchange) sowie ECIX-BER angeschlossen ist. Hier stellt unter anderem auch Netflix seine Streamdaten zur Abholung zur Verfügung. Am größten deutschen Austauschknoten, dem DECIX in Frankfurt, fehlt jedoch Tele Columbus.
Damit Tele-Columbus-Kunden auch Internetdaten von Providern abrufen können, die nicht an den beiden kleinen Berliner Knoten angeschlossen sind, muss sich der Netzbetreiber Uplinkkapazität zukaufen. Aktuell hält man laut der gängigen Datenbanken Leitungen zu Cogent Communications, Vodafone, HL Komm, Hurricane Electric sowie RETN Limited.
Cogent ist ein in der Branche verschriener, amerikanischer Billigheimer. Vodafone ist bekanntlich inzwischen die Kabel Deutschland Muttergesellschaft und somit direkter Wettbewerber. Auch bei HL Komm kauft man aktuell beim Konkurrenten ein, denn der aus Halle und Leipzig stammende Citycarrier gehört inzwischen zur Pepcom-Gruppe. Das US-Unternehmen Hurricane Electric wurde 1994 als Garagenfirma gegründet und bietet seinen Billigtraffic inzwischen weltweit an. Bei diesen teilweise B- und C-Carriern muss man sich als Tele-Columbus-Kunde nicht wundern, wenn Internetdaten beispielsweise auf einmal über London geroutet werden, anstelle innerhalb von Deutschland zu bleiben. In Zeiten der NSA-Überwachung nicht gerade ideal.
Auch über die Trafficvolumnias der einzelnen Netzbetreiber gibt beispielsweise die Datenbank peeringdb.com Auskunft: Kabel Deutschland wird hier mit einem Trafficvolumen von mehr als einem Terrabit pro Sekunde gelistet, das sind mehr als 1000 Gigabit. Unitymedia ist hier mit 200 bis 300 Gigabit pro Sekunde zu finden. Bei Tele Columbus heißt es dort jedoch nur 1 bis 5 Gigabit pro Sekunde.
Eine Offenlegung der benutzen Carrier scheut Tele Columbus wie viele andere Anbieter auch. „Man legt nur offen, was nach den Börsenbestimmungen notwendig ist, denn man will weiter Reibach an der Börse machen“, weiß ein Insider anzumerken. So versucht Tele Columbus weiterhin nach außen als Highspeed-Vorreiter zu erscheinen, obwohl die eigene Anbindung mindestens verbesserungswürdig wäre. Nur, um den Eindruck einer innovativen Aktiengesellschaft weiter in Deutschland aufrecht zu erhalten? An der Börse funktionierte es bis dato wenigstens, als ein solcher Pionier zu blenden. [sh/th]
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