
Kabel Deutschland verweigert die Einspeisung der HDTV-Programme von ARD und ZDF, obwohl ihr seitens der Sender das Signal kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Der Netzbetreiber möchte von den Sendern ein spezielles Einspeiseentgelt. DF sprach dazu mit Tabea Rößner, Medienpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen.
DIGITAL FERNSEHEN: Frau Rößner, welche Auswirkungen hat die Haltung von Deutschlands größtem Kabelnetzbetreiber auf den Verbreitungsweg Kabelfernsehen?
Tabea Rößner: Wenn sich Kabel Deutschland und die Rundfunkanstalten nicht einigen können, bleiben letztendlich Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Strecke, weil sie nicht in den Genuss der besseren Bildqualität kommen. Letztendlich kann das Kabel als Verbreitung geschwächt werden, wenn es zu keiner Einigung kommt. Denn wer Fernsehen in HD Qualität genießen will, müsste dann auf Satellit oder eine andere Technik umsteigen.
Die Digitalisierung des Rundfunkangebotes auf dem Weg des Kabels kann durch diesen Konflikt ausgebremst werden. Das ist ein Problem, weil die analoge Übertragung dann länger aufrecht bestehen bleibt und damit Kapazitäten belegt bleiben, die für die digitale Übertragung gebraucht werden. Ergo: die Katze beißt sich selbst in den Schwanz.
DF: (…) Setzt aus Ihrer Sicht (…) der Kabelnetzbetreiber zu Lasten des klassischen Fernsehens seine Prioritäten falsch?
Rößner: Wenn im Ergebnis dieser Strategie die Digitalisierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramms ausgebremst wird, dann kann ich das nur bedauern.
Die Kabelanbieter haben aber meines Erachtens auch einen Eigennutzen, wenn sie HDTV anbieten: Sie können Kunden halten und dazugewinnen.
DF: Der Steuerzahler hat das Verlegen des Kabels massiv subventioniert, jetzt fordert die KDG für den weiteren Ausbau wiederum Gelder der Allgemeinheit. Was halten Sie von dieser Forderung?
Rößner: Möglichst viele Bürgerinnen und Bürgern ans Breitbandnetz anzuschließen ist grundsätzlich richtig. Dabei muss jedoch eine Monopolbildung verhindert werden – ob es sich nun ursprünglich um Fernsehanbieter oder Telekommunikationsanbieter handelt.
DF: Kabel Deutschland kassiert sowohl vom Kunden Kabelgebühren als auch will das Unternehmen zusätzlich von den Sendern eine Einspeisevergütung. Halten Sie dieses Geschäftsmodell noch für zeitgemäß?
Rößner: Verbraucherinnen und Verbraucher sind hier letztendlich die leidtragenden. Wenn Sie sowohl die Kabelgebühren an den Kabelanbieter zahlen als auch eine teurere Einspeisevergütung für HDTV über die GEZ-Gebühr tragen müssen, werden sie doppelt belastet.
Inzwischen kann zum Beispiel zumindest in einigen Gebieten Fernsehen auch via IP-TV empfangen werden – und das in HD-Qualität. Die Zuschauerinnen und Zuschauer werden sich langfristig für das Modell entscheiden, dass ihnen den besten Service beim geringsten Preis liefert – Kabel Deutschland wird sich dann eventuell anpassen.
DF: Was empfehlen Sie den TV-Zuschauern, die über Kabel Deutschland ARD und ZDF nicht in HDTV empfangen können?
Rößner: Sie sollten ihren Protest auch weiterhin äußern, denn sie haben ihre Gebühren schon dafür gezahlt, dass jetzt in HD-Qualität produziert wird. Die Zuschauerinnen und Zuschauer können sich mit ihrem Protest natürlich auch an die zuständigen Politiker wenden: die Ministerpräsidenten der Länder haben das Sagen über die Rundfunkstaatsverträge – und darin ist bislang nicht geregelt in welcher Qualität und zu welchem Preis digitales Fernsehen eingespeist werden muss.
DF: Dem Bundesverband für Verbraucherschutz liegen bereits erste Beschwerden über das Verhalten der Kabel Deutschland GmbH vor. Sehen Sie bei den zentralen Frage der Rundfunkversorgung politschen Handlungsbedarf, um dem Zuschauer den Empfang der öffentlich-rechtlichen Programme auch im bezahlten Umfang (Stichwort GEZ) zu ermöglichen?
Rößner: Wenn sich die Kabelnetzbetreiber mit ARD und ZDF nicht einigen können, muss die Politik eingreifen, um den Zuschauern die entsprechende Bildqualität zu liefern. Wie schon erläutert, würde das im Rundfunkstaatsvertrag geregelt – lieber wäre mir aber, Kabel Deutschland und die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten können sich einigen – ohne dass die Gesetzeskeule geschwungen werden muss.
DF: Vielen Dank für das Gespräch. [fp]
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