Auch digitale Kabelboxen werden vom technischen Fortschritt nicht verschont. Kann man einen alten Kabel-Receiver aus der Zeit der Jahrtausendwende heute noch nutzen?
Es ist schon Ewigkeiten her, dass wir einen digitalen Kabel-Receiver vom Typ Galaxis Easy World Kabel, geeignet für Premiere, überlassen bekommen haben. Damals ist er unmittelbar ins Archiv gewandert, wo er die vergangenen rund 15 Jahre verbracht hat. Jetzt war es aber an der Zeit, ihn erstmals in Betrieb zu nehmen und zu sehen, ob diese inzwischen museale Kabelbox in modernen Kabel-TV-Netzen überhaupt noch zu gebrauchen ist.
Die Ausstattung
Der Galaxis Easy World stammt noch aus einer Zeit, in der HD noch kein Thema war. Dementsprechend finden wir an seiner Rückseite nur zwei Scart-Buchsen für den Anschluss eines Fernsehers und Videorekorders. Weiter ist ein analoger Stereo-Audioausgang über zwei Cinch-Buchsen vorhanden. Zusätzlich besitzt der Receiver einen koaxialen SPDIF-Digital-Audio-Ausgang. Weiter sind eine RS232-Schnittstelle und eine Durchschleifbuchse für den Kabelanschluss vorhanden.
An der Front sind hinter einer Klappe ein Hauptschalter und zwei Tasten zur Kanalfortschaltung verborgen. Hier findet man auch zwei CI-Schnittstellen für die Aufnahme von Decodier-Modulen sowie einen Schlitz für die Premiere-Smartcard. Über ein vierstelliges Display wird der Programmplatz angezeigt.
Die Inbetriebnahme
Die Wiederinbetriebnahme einer so alten Kabelbox birgt schon ein wenig Nervenkitzel in sich. Funktioniert die Box überhaupt noch? Ist sie heute noch zu gebrauchen? Nach dem Anschluss des Receivers über einen Scart-auf-HDMI-Adapter am Fernseher wird die Energiezufuhr aktiviert. Bereits nach 6 Sekunden erscheint auf dem Bildschirm ein dem FuBK nachempfundenes Testbild mit einer heute nicht mehr aktiven Adresse einer polnischen Homepage. Hier drängt sich der Verdacht auf, dass der Vorbesitzer die Software der Box vermutlich um eine nicht legale Komponente ergänzt hatte. Wobei das Angriffsziel vermutlich Premiere war. Nach insgesamt 22 Sekunden ist die Hochlauf-Routine abgeschlossen.
Sendersuchlauf
Ein erster Blick auf die noch eingespielte Senderliste versetzt uns ca. 20 Jahre in der Zeit zurück und beinhaltet einige Stationsnamen, die es heute nicht mehr gibt. Nachdem Kabelnetze eine recht individuelle Angelegenheit sind, ist ein erneuter Sendersuchlauf unumgänglich. Wir entscheiden uns zunächst für einen Autoscan. Mit ihm werden 38 Kanäle gescannt, auf denen immerhin 164 Programme gefunden werden. Sie sollen sich aus 54 TV- und 110 Radiostationen zusammensetzen. Hier wird sofort klar, dass der alte Galaxis Easy World nur einen Bruchteil der in unserem Kabelnetz vorhandenen Kanäle eingelesen hat. Ein mit einer aktuellen Linux-Box vorgenommener Scan bringt es auf 509 Kanäle, was mehr als dreimal so viel ist.
Senderliste im Detail
Reguläre TV-Programme können wir in der TV-Senderliste nicht ausmachen. Stattdessen finden wir in ihr 49 Programme des verschlüsselten Pay-Radiopakets unseres Kabelanbieters. Weiter wurden vier Testkanäle eingelesen. Sie tragen so schöne Namen wie Testing CoD und TS11.1. Sie werden übrigens von unserer originalen Kabelbox nicht angezeigt.
TS11.1 wurde in der Vergangenheit immer wieder zur Übertragung von TV-Programmen genutzt. Aktuell ist darüber das katholische KTV zu sehen, das unsere Steinzeit-Kabelbox auch problemlos wiedergibt. Es sollte das einzige reguläre Programm bleiben, das wir mit dem alten Galaxis-Easy-World-Kabel-Receiver zu sehen bekommen. Zuletzt beinhaltet die Senderliste noch den Eintrag Lokal TV. Er dient als Platzhalter für einen in der Region nicht präsenten Lokalsender. Hier wird zumindest die Hinweistafel wiedergegeben.
Als nächstes widmen wir uns der Radio-Senderliste. Sie beinhaltet, anders als nach Scan-Abschluss angegeben, nicht 110, sondern nur 90 Stationen. Wie mehrere hintereinander vorgenommene Scans belegen, variiert die Zahl der eingelesenen Radioprogramme zwischen 90 und 110. Von diesen 110 Radios werden zumindest 43 mit Audio wiedergegeben. Dies sind deutsche Privatsender, der Deutschlandfunk und DLF Kultur sowie österreichische und schweizer Programme. Jene der ARD-Landesrundfunkanstalten, in unserem Kabelnetz zumindest 21, bleiben stumm, genauso wie die 45 codierten Pay-Radios.
Geht wirklich nicht mehr mit der alten Kabelbox?
Dass die alte SD-Kabelbox keine HD-Kanäle darzustellen vermag, war uns bewusst. Allerdings hatten wir damit gerechnet, zumindest die in unserem Kabel enthaltenen SD-Programme eingelesen zu bekommen. wobei wir auch von deren Wiedergabe, sofern nicht verschlüsselt, ausgegangen waren.
Liegt es an den falschen Übertragungsparametern? Um dem auf den Grund zu gehen, haben wir mit unserer Linux-Box die Übertragungsparameter frei empfangbarer SD-Kanäle ermittelt. Der manuelle Sendersuchlauf der alten Galaxis-Kabelbox erlaubt zumindest das Einstellen der Symbolrate und des Modulationsverfahren auf die in unserem Kabelnetz verwendeten Parameter. Nur die FEC lässt sich nicht manuell anpassen. Wobei anzunehmen ist, dass diese von der Box intern ermittelt wird. Denn das vorliegende Handbuch der Sat-Version des Easy World erfordert diese Eingabe ebenfalls nicht. Am Ende führt auch der manuelle Scan nicht zum Erfolg. Obwohl wir an die 20 Frequenzen auch manuell gescannt haben, wurden uns keine zusätzlichen Programme eingelesen.
Erkenntnis zum Nutzen einer Retro-Kabelbox
Die Versuche mit der betagten Galaxis Easy World bescherten uns eine unerwartete Erkenntnis. Eigentlich waren wir davon ausgegangen, dass in einem Kabelnetz einheitliche Übertragungsparameter zum Einsatz kommen. Zumindest, wenn man HD, SD und Radio für sich alleine betrachtet. Dem scheint aber nicht so zu sein. Die beiden sichtbar gemachten TV-Kanäle werden demnach mit anderen Parametern verbreitet als etwa ARD, ZDF, Sat.1, RTL, der ORF und so weiter, die in unserem Kabelnetz auch noch in SD vertreten sind.
Die Ursache dürfte im Komprimierungsverfahren liegen. Zum Erscheinen der Kabelbox war MPEG-2 up to date. Heute ist es Schnee von vorgestern. Stattdessen kommt MPEG-4 zum Einsatz. Nicht nur für HD, sondern zunehmend auch für SD, was wir anhand zahlreicher Beispiele aus der Satellitenwelt nachvollziehen können. Zumindest unser Kabelanbieter scheint inzwischen vollkommen auf DVB-C mit MPEG-4 zu setzen.
Auch für das Nichtfunktionieren der ARD-Radios gibt es eine plausible Erklärung. Seitdem der ARD-Radiotransponder aufgelassen wurde, nutzen diese Programme über Satellit das Audioformat AAC-LC. Dieses wird von unserer Kabelbox aufgrund ihres Alters ebenfalls nicht unterstützt.
Fazit
Für die Retro-Kabelbox Galaxis Easy World ist zumindest bei uns definitiv der Zug abgefahren. Jedenfalls gelingt es uns, abgesehen von einer einzigen Ausnahme, nicht, reguläre Fernsehprogramme auf den Schirm zu bringen. Demnach taugt der Kabel-Receiver nur noch fürs Museum. Nachdem uns aber nicht bekannt ist, mit welchen Übertragungsparametern vor allem lokal agierende Kabelanbieter arbeiten, schließen wir es nicht aus, dass unsere aus dem Jahr 2002 stammende Box am Anschluss eines anderen Kabelnetz-Betreibers nicht doch noch gute Dienste leisten würde. Allerdings ausschließlich in SD. Denn HD wurde erst viele Jahre nach dem Marktstart dieser Box eingeführt.
Text: Thomas Riegler / Redaktion: Felix Ritter