Die Kabelnetzbetreiber sind selbst schuld, dass die Bundesnetzagentur vor einem Jahr den Routerzwang abschaffte, damit sich jeder sein Wunschgerät zulegen kann. Kunden sind durch Kaufgeräte im Dienstemonopol weniger gefangen – wenn die künstlichen Hürden nicht wären.
Die großen Kabelnetzbetreiber lieben es ihren Kunden allumfassende Komplettlösungen anzubieten, bei denen Nutzern möglichst keine Alternative bleibt. Beispielsweise bei den Premium-Empfangsgeräten GigaTV 4K Box (Vodafone Kabel Deutschland) bzw. Horizon (Unitymedia), mit denen nur Mediatheken derjenigen Sender abgerufen werden können, bei denen die Sender mit den Netzbetreibern auch Zusatzvereinbarungen abgeschlossen haben. Die freien HbbTV-Mediatheken der Sender bleiben diesen nicht wenig zahlenden Kabelkunden verwehrt.
Genauso handhaben es die großen Netzbetreiber auch bei ihren Kabelmodems. Die Kunden bekommen eine Komplettlösung per Mietgerät, die kaum Einstellmöglichkeiten zulässt. Die Kabel-Fritzboxen bei Vodafone und Unitymedia hinken bei den Firmware-Updates meist über ein halbes Jahr hinter den freien Kaufgeräten hinterher. Böse Zungen behaupten ja, dass die Netzbetreiber solange bräuchten, bestimmte Features aus der Software zu entfernen. Beispielsweise die Möglichkeit andere Telefonanbieter in der Box einzutragen. Denn damit ist es ganz einfach möglich, die hochpreisigen Gesprächsgebühren der Netzbetreiber in Mobilfunknetze oder ins Ausland zu umgehen. Call-by-Call müssen die Netzbetreiber ja nicht anbieten. Die Einrichtung eines alternativen Voice-over-IP-Anbieters in der Box wäre die einzige Alternative.
Auch das Feature „DVB-C 2 IP“, das Kabeläquivalent zu „Sat2IP“, wird von den Kabelnetzbetreibern in der Mietbox deaktiviert, obwohl damit auf einfachste Weise Second-Screens in den Wohnungen bedient werden könnten. Wenn technik-unaffine Kabelnutzer dieses Feature wollen, wird ihnen stattdessen der Premium-Receiver und die dazugehörige App verkauft. Das kostenlose Feature der Fritzbox wird stattdessen zugenagelt.
Bereits vor Inkrafttreten der Routerfreiheit hatte Vodafone Kabel Deutschland ein Schlupfloch gefunden, wie man trotz Routerfreiheit weiterhin von den Kabelmodem-Mieteinnahmen profitieren kann. Kunden, die die „ISDN-Features“ zwei Leitungen und mehr als 3 Rufnummern wollen, müssen die Homeboxoption für 5 Euro Aufpreis pro Monat buchen, bei der eine Mietfritzbox inklusive ist. Keiner spricht von Hardware-Miete – clever gemacht.
Wer nun denkt, dass er dank Routerfreiheit seine IP-Telefone direkt bei den Netzbetreibern anmelden kann, wird auch enttäuscht. Während das bei der Telekom völlig problemlos funktioniert, verzweifelt man beispielsweise bei Vodafone Kabel Deutschland. Die Düsseldorfer erlauben immer nur die gleichzeitige Anmeldung von einem Gerät pro Anschluss an deren Telefonieservern. Wenn sich also das IP-Telefon im Wohnzimmer dort anmeldet, gehen keine Anrufe mehr auf der (Kabel-)Fritzbox ein. Besonders blöd, wenn man zwei Leitungen und mehrere Rufnummern hat.
Das Thema IP-Telefone ist am Kabelanschluss eh noch nicht zufriedenstellend gelöst. Die Einfach-Router sehen nur Anschlussmöglichkeiten für Analogtelefone vor. Die Fritzboxen erlauben den Anschluss von Analog-, DECT- sowie ISDN-Telefonen und fungieren als SIP-Proxy für interne IP-Telefone. Sobald sie aber mehr als ein IP-Telefonat durchleiten sollen, geht deren CPU auf 100% Auslastung, es gibt dann Gesprächsaussetzer und Internetpings schnellen von 30ms auf über 2000ms hoch. Der Autor dieses Kommentars hat das Problem mit einem externen SIP-Adapter von Beronet gelöst: Die Fritzbox gibt die Telefoniesignale auf den internen So-Bus aus, die Beronet-Box übersetzt die ISDN-Signale dann wieder zurück in SIP-Signale für die IP-Telefone. Das könnte viel einfacher gehen, wenn sich die Geräte gleich alle direkt bei den Telefonieservern anmelden dürften. Wenn der Netzbetreiber es nur wollte. [Stefan Hofmeir]
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