Die Deutsche Telekom hat einen Bericht von DIGITALFERNSEHEN.de bestätigt, wonach der Ex-Monopolist juristisch gegen den vom Bundeskartellamt im Dezember 2011 genehmigten Zusammenschluss der Kabelnetzbetreiber Kabel Baden-Württemberg und Unitymedia vorgeht.
Aus Sicht des Bonner Konzerns seien die vereinbarten Auflagen bei der kartellrechtlichen Genehmigung nicht ausreichend, um für einen funktionierenden Wettbewerb mit den Wohnungsbaugesellschaften zu sorgen, begründete ein Unternehmenssprecher den Schritt am Dienstagmittag. Die Beschwerde wurde beim Oberlandesgericht Düsseldorf eingereicht.
Auf Seiten der Deutschen Telekom soll der renommierte Kartellrechtler Markus Witz für die Düsseldorfer Kanzlei Glade Michel Wirtz das Verfahren betreuen. Die üblichen Telekom-Rechtsvertreter Clifford Chance und WilmerHale könnten das Mandat aufgrund von Interessenskonflikten nicht wahrnehmen, hieß es. Eine offizielle Bestätigung, dass auch der kleinere Netzbetreiber Netcologne die Fusion anfechten will (DIGITALFERNSEHEN.de berichtete am Montag), liegt zur Stunde noch nicht vor. Die Redaktion bemüht sich weiterhin um eine Stellungnahme.
Eine Beschwerde hat zunächst keine aufschiebende Wirkung gegen die Fusion. Auch liege nach Recherchen von DIGITALFERNSEHEN.de noch keine schriftliche Begründung der Telekom. Ein Sprecher des OLG Düsseldorf hatte die Angelegenheit auf Anfrage am Montag nicht kommentieren wollen. Zu schwebenden Verfahren erteile man grundsätzlich keine Auskünfte, hieß es.
Mitte Dezember hatte das Kartellamt grünes Licht für die Übernahme von Kabel Baden-Württemberg durch den Kabelnetzbetreiber Unitymedia gegeben (DIGITALFERNSEHEN.de berichtete). Damit hält der amerikanische Eigentümer Liberty Global das Kabelnetz von Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg mit derzeit knapp sieben Millionen Haushalten in der Hand.
Bereits im Vorfeld der Genehmigung durch das Bundeskartellamt hatten neben der Telekom weitere große Medienkonzerne wie ProSiebenSat.1 und Sky Deutschland, der Bundesverband der Verbraucherzentralen, der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) und der Deutsche Mieterbund geschlossen ihre Bedenken gegen die bevorstehende Elefantenhochzeit in der deutschen Kabelnetz-Branche vorgebracht.
Die Freigabe wurde mit Auflagen im lukrativen Massenmarkt, auf dem das TV-Signal über Breitbandnetz insbesondere für Wohnungsbaugesellschaften im Paket angeboten wird, verbunden. So wird Unitymedia die frei empfangbaren digitalen TV-Programme in seinem Verbreitungsgebiet – Nordrhein-Westfalen und Hessen – ab 2013 nicht mehr verschlüsseln. Außerdem räumt das Kölner Unternehmen großen Wohnungsbaugesellschaften Sonderkündigungsrechte ein und verzichtet auf sogenannte Exklusivitätsklauseln. Dadurch können demnächst auch Konkurrenten wie die Deutsche Telekom ihre Glasfaserkabel in Mietshäusern mit Unitymedia-Kabelanschluss verlegen.
Ein Sprecher des Kartellamtes betonte, es sei derzeit aber noch unklar, ob es überhaupt zu einem Verfahren kommt. Nach Einschätzung der Behörde könnte dies frühestens in einem halben Jahr der Fall sein. Eine aufschiebende Wirkung für die Fusion habe die Beschwerde der Telekom nicht, hob auch der Sprecher ausdrücklich hervor. Die Verschmelzung zwischen Kabel BW und Unitymedia wird damit zunächst weiter vorangetrieben. Erst in der vergangenen Woche hatte das Unternehmen das neue Führungstrio des künftigen Kabelriesen vorgestellt.
Gegner der Fusion befürchten unter anderem, in einem weiteren Schritt könne Liberty Global das Zusammengehen mit Kabel Deutschland als Marktführer suchen, um wieder einen bundesweiten Kabelgiganten zu schaffen. Da die Kabelbranche aufgrund des wachsenden Wettbewerbsdrucks durch Satellit und Internet nicht mehr die gleiche Monopolstellung innehält wie bei der Zwangsliberalisierung um die Jahrtausendwende, halten Branchenexperten die Genehmigung eines solchen Megadeals grundsätzlich für nicht ausgeschlossen. [ar/dpa]
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