Die kostenpflichtige Übertragung von Sendern der RTL-Gruppe über die DVB-T-Plattform Viseo Plus der Eutelsat-Tochter Visavision steht laut Brancheneinschätzungen vor einem Abschied auf Raten.
Ob das Projekt tatsächlich bis zum Ende der Zulassung im Juli 2019 durchhalte, sei nach dem derzeitigen Stand der Dinge mehr als fraglich, konstatierte die Initiative Digital Radio Mitteldeutschland in der aktuellen Ausgabe des „Meinungsbarometer Digitaler Rundfunk“. Schon in drei bis fünf Jahren drohe mit der immer wahrscheinlicher werdenden Markteinführung von DVB-T2 das Aus.
Ihre negative Prognose machten die Experten daran fest, dass das vor knapp zwei Jahren mit großem Medienecho in den Großraumregionen Stuttgart und Leipzig/Halle gestartete Digitalangebot „die Messlatte in verbraucherunfreundliche Höhen“ gelegt hatte. Die Entscheidung, nicht auf im Markt erhältliche DVB-T-Standardreceiver, sondern auf spezielle MPEG4-fähige und zertifizierte Viseo-Plus-Receiver zu setzen, habe sich nicht ausgezahlt, hieß es.
Das Programmpaket aus RTL, Vox, RTL2, Super RTL sowie den beiden Pay-TV
Programmen RTL Crime und Passion war in Sachsen von der zuständigen Medienanstalt damals als zukunftsträchtig eingestuft worden. Seinerzeit sei die technische Kombination aus bewährtem DVB-T-Standard und fortschrittlicher MPEG4-Komprimierung optimal gewesen, sagte SLM-Geschäftsführer Martin Deitenbeck dem Dienst. Inzwischen sei die Technologie aufgrund der Weiterentwicklung „nicht mehr up-to-date“, räumte er ein.
Martina Rutenbeck, Geschäftsführerin der mit der technischen Abwicklung betrauten Eutelsat Visavision GmbH, sieht das erwartungsgemäß anders. Die Zuschauerresonanz bewege sich „im Rahmen unserer Erwartungen“, sagte Rutenbeck, wollte aber wie schon zuvor gegenüber DIGITALFERNSEHEN.de keine genauen Zahlen kommunizieren. Grund sei die mit den Partnern vereinbarte Vertraulichkeit.
Andre Prahl, verantwortlich für die Programmverbreitung der Mediengruppe RTL Deutschland, wurde auf Anfrage schon deutlicher: „Wegen seiner nur lokalen Nutzbarkeit konnte Viseo Plus nicht so intensiv wie andere bundesweite Projekte beworben werden“, verlieh er unverhohlen den untererfüllten Erwartungen Ausdruck. Tatsächlich sind die Geräte in den Verbreitungsgebieten derzeit fast flächendeckend aus den Fach- und Großmarkten verschwunden, wie auch Recherchen des Auerbach Verlags bestätigen.
Bereits im Oktober 2010 hatte Visavision auf Anfrage von DIGITAL FERNSEHEN eingeräumt, dass keine Planungen zur Ausweitung des Angebots auf andere Regionen verfolgt würden. Hoffnungen knüpft die Eutelsat-Tochter dennoch auf die Vermarktung eines Viseo-Plus-tauglichen CI-Plus-Moduls. Ab Ende des dritten Quartals 2011 sollen Fernseher mit integriertem DVB-T-Tuner auf diesem Weg das terrestrische Pay-TV empfangen können. Da sich über die parallel verbauten Empfangsteile für Kabel und Satellit eine weitaus größere Programmvielfalt ins Wohnzimmer holen lässt, räumen Branchenexperten dem Ansatz keine größeren Chancen ein.
Der Satellitenbetreiber Eutelsat überträgt mit Viseo Plus in Stuttgart und Leipzig via DVB-T ein verschlüsseltes Senderpaket der RTL-Gruppe im MPEG4-Verfahren. Bisher sind zwei Receivermodelle der Marken Topfield und Zenega im Angebot. Konventionelle DVB-T-Boxen können die Ausstrahlungen nicht entschlüsseln. Für die Sender RTL Crime und Passion soll ab dem zweiten Jahr eine Monatsgebühr von 2,99 Euro erhoben werden.
[ar]
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