
Das italienische DAB+ braucht zusätzliche Übertragungskapazitäten. Diese könnte man sich von den koordinierten TV-Kanälen holen. Denn eine nationale Bedeckung wird seit Jahren nicht genutzt. Dabei geht es um den Mux 12.
Wie frei ist Mux 12?
Der Antrag auf die Neuordnung der dem Mux 12 zugewiesenen Frequenzen fußt auf der Tatsache, dass diese seit nunmehr sechs Jahren brach liegen. So lange ist es nämlich schon her, dass die TV-Landschaft in Italien im Zuge der Räumung der oberen UHF-Kanäle für 5G-Mobilfunk komplett neu geordnet wurde.
Mux 12 für TV ist deshalb unattraktiv, weil man dafür eine separate TV-Antenne, eben eine für VHF-Band 3 benötigen würde. Der Nutzen wäre gering und das zusätzliche Angebot verschmerzbar. Vor allem wenn man bedenkt, dass das italienische Antennenfernsehen selbst in ländlichen Regionen schnell mal 100 bis über 200 frei empfangbare Programme bereits stellt.
Deshalb sieht man vor, den Frequenzzuweisungsplan so abzuändern, dass das VHF-Band 3 vorrangig für Digitalradio DAB+ zur Verfügung steht. Digitales Fernsehen soll demnach nur noch zugelassen werden, wenn ein ausdrücklicher Bedarf besteht.
Auswirkungen auf das digitale Antennenfernsehen?
Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die Neuordnung der italienischen Fernsehlandschaft Früchte getragen hat. Mit den elf nationalen Netzen im UHF-Bereich findet man das Auslangen. Zudem hat die Streichung des 700-MHz-Bands unter anderem dazu geführt, dass einige TV-Stationen ihren Sendebetrieb eingestellt haben. Was zumindest uns auffällt ist, dass die italienische Fernsehlandschaft seit der Neuordnung bunter geworden ist. Wohl auch deshalb, weil sich die Stationen jetzt wohl mehr anstrengen, sehenswerte Inhalte zu bieten. Zumindest scheinen die Zeiten vorbei zu sein, in denen man auf mindestens 20 Stationen gleichzeitig die gleichen Heizdecken kaufen konnte, während auf weiteren gefühlt 20 Stationen dieselben Matratzen und auf weiteren Sendern Teppiche offeriert wurden. Zumindest während der 2010er-Jahre war Italien ein extremes Beispiel dafür, dass Quantität alleine nichts zu sagen hat. Denn was helfen einem etwa, wie damals in Rom festgestellt, von über 400 Kanälen vielleicht 30 Inhalte geboten hatten, bei denen es sich ausgezahlt hätte, sie einzuschalten?
Welche Rolle spielen neue Techniken?
Die spielen In Italien gleich im doppelten Sinne eine Rolle. Einmal sehen die Frequenzwächter des Landes den Bedarf an UHF-Übertragungskapazitäten mittelfristig im Sinken. Hier setzt man auf HbbTV, aber auch zunehmend auf Streaming. In diesem Zusammenhang wird künftig auch DVB-I eine signifikante Rolle spielen.
Was ist mit DVB-T2?
Die Einführung von DVB-T2 stand Ende der 2010er-Jahre ganz oben auf der To-Do-Liste. Sie war sozusagen als krönender Abschluss der Frequenzneuordnung gedacht. Auch deshalb, weil DVB-T2 im Vergleich zum alten DVB-T weitaus effizienter arbeitet. Auch, weil mit HEVC ein ungleich besserer Komprimierungsstandard als MPEG-2/MPEG-4 zum Einsatz kommen würde. So hätte man, so der Plan, auf weniger Frequenzen etwa gleich viele Programme unterbringen können, ohne dass diese Abstriche bei der Qualität hätten machen müssen.
Doch der Umstieg ist ins Stocken geraten. Denn die großen TV-Anbieter des Landes hatten plötzlich kalte Füße bekommen und befürchtet, mit dem Umstieg Zuschauer zu verlieren. Also hat man die DVB-T2-Einführung mehrfach verschoben. Wohl mit dem Ziel, dass man auf sie vergisst. Doch wie es scheint, ist das nicht eingetreten und man spricht nun wieder vom „bevorstehenden endgültigen Umstieg auf DVB-T2“. Allerdings, ohne ein Datum zu nennen.
Was haben die Italiener gemacht?
Eines muss man den Italienern lassen. Sie mögen vielleicht nicht so zielstrebig sein wie es in der deutschen Natur steckt, aber sie sind nicht weniger kreativ. Denn was sie gemacht haben ist, die Möglichkeiten von DVB-T, vermutlich bis an die Grenzen auszureizen. Das sieht man etwa daran, dass sie es geschafft haben, HD auch mit DVB-T und MPEG-4 in wirklich ansprechend guter Qualität zu übertragen. Wobei sie es mit der alten Technik schaffen, sechs HD-Kanäle in einem einzigen Multiplex zu packen. Mitunter auch noch mehr. Was für uns insofern erstaunlich ist, als dass wir in den deutschen DVB-T2-Multiplexen trotz effizienterer HEVC-Komprimierung auch nicht mehr Programme wiederfinden. Das möge uns zu denken geben.
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