Die multimediale Ausstattung moderner Autos begeistert Liebhaber von technischen Spielereien und Unterhaltung in jeglicher Hinsicht – aber kann man all diese Dinge während der Fahrt nutzen?
Das Entertainment reicht von integrierten Bildschirmen in den Kopfstützen zum Bespaßen der Kinder über Sprachassistenten zur Steuerung von Smartphone und Bordcomputer bis hin zum internen WLAN-Netzwerk, das eine Vielzahl Annehmlichkeiten mit sich bringt. Das Genießen von Serien und Filmen über Streaming-Dienste wie Netflix dürfte schon bald eine Selbstverständlichkeit sein. Dass das Fernsehen den Fahrzeugführer beim Autofahren ablenkt, scheint zunächst völlig logisch. Der Blick auf deutsches Recht verdeutlicht, dass die Sachlage nicht immer eindeutig war. Eine Änderung der Straßenverkehrsordnung bringt Klarheit.
Änderung § 23 StVO für mehr Transparenz und verschärfte Strafen
Lange gab es kein konkretes Verbot für Fernsehen am Steuer. Die Straßenverkehrsordnung (StVO) besagte lediglich, dass der Fahrzeugführer dafür verantwortlich ist, dass sein Gehör und seine Sicht weder durch Tiere, Ladung, Geräte und den Fahrzeugzustand noch durch die Besetzung beeinträchtigt wird und untersagte den TV-Konsum damit indirekt. § 23 StVO, der „Sonstige Pflichten von Fahrzeugführenden“ enthält, wies lediglich auf Autotelefone und Mobiltelefone hin, die während der Fahrt nicht verwendet (aufnehmen, halten) werden durften. Im Oktober 2017 trat eine Änderung in Kraft, die den Gesetzestext an den technischen Fortschritt anpasste:
„Geräte im Sinne des Satzes 1 sind auch Geräte der Unterhaltungselektronik oder Geräte zur Ortsbestimmung, insbesondere Mobiltelefone oder Autotelefone, Berührungsbildschirme, tragbare Flachrechner, Navigationsgeräte, Fernseher oder Abspielgeräte mit Videofunktion oder Audiorekorder.“
Auch Videobrillen schließt die Straßenverkehrsordnung seither aus. Mit der Anpassung wird die StVO der Innovationen im Bereich Informations- und Unterhaltungstechnologie gerecht und unterbindet gefährliche Ablenkungen der Fahrer. Ob ein elektronisches Gerät, das zum Fernsehen oder anderweitig genutzt wird, stationär integriert ist oder es sich um eine mobile Alternative handelt, ist nicht relevant. Entscheidend ist, dass ausschließlich „eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasste Blickzuwendung“ erlaubt ist. Um es gleich vorwegzunehmen: Damit ist ein sehr kurzer Blick gemeint, vergleichbar mit dem kurzen Anvisieren einer Taste auf dem Autoradio. Wer jedoch dauerhaft auf einen Bildschirm blickt, um beispielsweise einen Film anzuschauen, verstößt gegen diese Vorschrift und begeht eine Ordnungswidrigkeit.
Im Zuge der Änderung von Paragraph 23 StVO wurden auch die Strafen für Vergehen angehoben. Ähnlich wie z.B. Handy am Steuer, ein Verkehrsdelikt, das laut Deutschem Bußgeldkatalog weitreichende Konsequenzen haben kann, müssen Fahrzeugführer, die während der Fahrt fernsehen, mit einem Bußgeld, Punkten in Flensburg und einem Fahrverbot rechnen. Verkehrsteilnehmer, die mit einem Gerät in der Hand erwischt werden oder sich nicht an die Regelung der angepassten Blickzuwendung halten, müssen mit Folgendem rechnen:
- 100 Euro Bußgeld
- 1 Punkt in Flensburg
- evtl. Fahrverbot
Bei manueller Gerätenutzung mit Gefährdung steigt die Geldbuße auf 150 Euro, das Punktekonto um zwei Punkte und es wird ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Löst der Verstoß einen Sachschaden aus, müssen Unfallverursacher mit 200 Euro Strafe rechnen. Die Anzahl der Punkte und die Dauer des Fahrverbots bleiben unverändert. Vor der Anpassung fielen die Strafen deutlich milder aus.
Das ist erlaubt: Ausstrahlung, Vorlesefunktion und Co.
Der Empfang von TV-Signalen sowie dessen Ausstrahlung untersagt der Gesetzgeber nicht. Somit ist es nicht verboten Filme, Serien und ähnliches innerhalb des Fahrzeugs während der Fahrt inklusive bewegter Bilder und Ton abzuspielen. Fahrzeugführer sind jedoch verpflichtet, die bereits erwähnten Vorschriften gemäß Straßenverkehrsordnung einzuhalten. Sie dürfen sich nicht von dem Entertainment Programm ablenken lassen oder dauerhaft auf Bildschirme blicken.
Die Verwendung von Vorlesefunktion und Sprachsteuerung ist ebenfalls erlaubt, solange der Fahrzeugführer Geräte dafür nicht manuell bedienen muss. Das Halten technischer Geräte mit der Hand ist nur dann gestattet, wenn der Motor des Fahrzeugs „vollständig ausgeschaltet“ ist. Um auch dahingehend keinerlei Interpretationsspielraum zu lassen, heißt es in der aktualisierten Straßenverkehrsordnung:
„Das fahrzeugseitige automatische Abschalten des Motors im Verbrennungsbetrieb oder das Ruhen des elektrischen Antriebes ist kein Ausschalten des Motors in diesem Sinne.“
Damit ist die manuelle Nutzung von Elektrogeräten auch dann nicht rechtens, wenn beispielsweise beim Warten an einer Ampel das Start-Stopp-System zum Einsatz kommt. Weitere Details sind dem Gesetzestext auf dem juristischen Informationsportal des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz zu entnehmen. [red]
Bildquelle:
- Empfang_DVB-T_Artikelbild: © JuergenL - Fotolia.com