Seit Kurzem wurde der Videotext von den Live-Streaming-Plattformen entdeckt, die ihn nun auch zu den Fernsehprogrammen anbieten. Ein echter Mehrwert, wie wir meinen. Doch was macht den Videotext noch immer so attraktiv?
Der Videotext, der auch teilweise als Teletext bezeichnet wird, ist ein Kind der 1970er-Jahre. Das weltweit erste Angebot startete am 23. September 1974 in Großbritannien und trug den Namen Cefax. Schweden führte ab 1979 Teletext-Versuchsausstrahlungen durch. 1980 schaltete ihn der österreichische ORF als dritte europäische Anstalt auf. Angeboten wurde er ab 8.30 Uhr bis Sendeschluss und umfasste anfangs bescheidene 64 Seiten. Mehr schaffte das gebrauchte Videotext-Equipment nicht, das der ORF für kleines Geld von den Briten erworben hatte.
Doch der Teletext begeisterte die Zuschauer und wurde deshalb schnell ausgebaut. Nachdem der Videotext in Deutschland bereits 1977 im Rahmen der Berliner Funkausstellung vorgestellt wurde, schlug am 1. Juni 1980 auch hierzulande seine Geburtsstunde. Vorerst aber nur als Testbetrieb. Die Videotext-Seiten, die von Montag bis Donnerstag von 16 bis 23 Uhr und am Wochenende bereits eine Stunde früher zur Verfügung standen, wurden von ARD und ZDF gemeinschaftlich gestaltet. Diese Kooperation währte bis ins Jahr 2000.
Ab 1983 bot der WDR als erste Landesrundfunkanstalt in seinem Dritten Programm ebenfalls einen eigenen Videotext an. Die restlichen Dritten Programme folgten bis 1992. Die Privaten ließen sich mit der Einführung mehr Zeit. Bei Sat.1 gab es die Textseiten ab 1990. RTL folgte 1992 und ProSieben 1994.
Funktionsweise
Zu analogen Zeiten setzte sich unser Fernsehbild aus 625 Zeilen zusammen. Davon wurden aber nur 576 für die Ausstrahlung von Bild-Inhalten genutzt. Die restlichen, scheinbar ungenutzten Zeilen bildeten die sogenannte Austastlücke. Sie diente zur Vorbereitung des Aufbaus des folgenden zu übertragenden Bildes. Diese scheinbar ungenutzten und unsichtbaren Zeilen boten sich für die Übertragung zusätzlicher Inhalte an. Für den Videotext kamen folglich während des ersten Halbbildes die Zeilen 7 bis 15 sowie 20 und 21 und während des zweiten Halbbilds die Zeilen 320 bis 328 sowie 333 und 334 zum Einsatz.
Teletext-Aufbau
Jede Textseite setzt sich aus 25 Zeilen zu je 40 Zeichen zusammen. Davon werden zwei von der Kopf- und Fußzeile eingenommen, womit für den eigentlichen Textinhalt nur 23 Zeilen mit 920 Zeichen zur Verfügung stehen. In der Praxis sind es noch etwas weniger. Sie sind der übersichtlichen Seiten-Gestaltung geschuldet.
Die grafischen Möglichkeiten sind extrem beschränkt. Zur Darstellung stehen 96 Zeichen zur Verfügung, darunter Buchstaben, Ziffern und Sonderzeichen wie Punkt und Beistrich, sowie 128 Grafikzeichen und acht Farben, schwarz und weiß inklusive. Jeder Videotext-Seite ist eine dreistellige Zahl zugeordnet, beginnend mit 100. Die höchstmögliche Seitennummer ist 899, womit sich höchstens 800 direkt anwählbare Seiten anlegen lassen. Häufig kommen auch Unterseiten zur Anwendung. Etwa, wenn eine ausführliche Meldung nicht auf einer Seite Platz findet. Zudem findet man sie unter anderem bei Börsenberichten und der Programmvorschau. Auf diese Weise kann der moderne Teletext bis zu 1.500 Seiten umfassen.
Seiner Zeit voraus
Werfen wir noch einmal einen Blick zurück in die Zeit um 1980. Das Internet lag damals noch in weiter Ferne. Für Nachrichten oder allgemein das, was sich so in Nah und Fern zugetragen hat, gab es zunächst die Tageszeitung. In ihr fand man die aktuellsten Meldungen mit Text und Bild – von gestern. Zumindest hatte die Zeitung den Vorteil, dass man in ihr blättern konnte, wann man wollte. Tagesaktuelle Nachrichten boten nur die TV-Sendungen „Tagesschau“, „heute“ oder „Zeit im Bild“. Aber bei ihnen musste man sich zu festgesetzten Zeiten vor dem Bildschirm einfinden. Das schnellste Medium war das Radio, wo schon damals stündlich zumindest kurze Nachrichten-Übersichten ausgestrahlt wurden.
Der Videotext stellte all das auf den Kopf. Die Stärke des Internets ist es, dass wir darüber bereits die aktuellsten News bereits nach wenigen Minuten nach ihrem Geschehen nachlesen können. Zudem können wir selbst bestimmen, welche Inhalte uns interessieren. All das bot bereits der Videotext ab den 1970ern. Die Nachrichten kamen damals ja auch schon zeitnah in den Redaktionen an, wo sie für die News-Sendungen aussortiert und aufbereitet wurden.
Der Mehraufwand, sie zusätzlich in den Teletext-Computer zu schreiben, war vernachlässigbar. Damit konnte und kann man die Bevölkerung auch zwischen den Nachrichten-Sendungen auf dem Laufenden halten. Zudem bietet der Videotext die Möglichkeit, auch Meldungen anzubieten, die in den Nachrichten-Sendungen keine Berücksichtigung finden würden. Welche und wie viele Inhalte über den Videotext angeboten werden, variiert je nach Sender. Neben Nachrichten, Wetter, Sport und Programmvorschauen findet man hier auch die Lottozahlen, Verkehrsmeldungen, Börsenberichte, Kulturhinweise, Gesundheit, Klimadaten, Fluginfos und vieles mehr. Daneben ist auch für Unterhaltung gesorgt.
Vorteile des Videotexts
Gleich mehrere Fakten sprechen für den Videotext. An erster Stelle steht die Seriosität der Meldungen. Wobei man auf neutrale und sachliche Informationen achtet. Die Gefahr, hier Fake-News aufzusitzen, ist so gut wie nicht gegeben. Der Videotext ist das ideale Medium, wenn man sich schnell einen Überblick über Themen verschaffen möchte, die einen gerade interessieren. Alleine über die Schlagzeilen-Seiten wird man in Sekundenschnelle auf dem Laufenden gehalten.
Weiter ist der Videotext ein extrem schnelles Medium. Nur schnell die TXT-Taste auf der Fernbedienung gedrückt und schon ist man auf der Startseite mit den wichtigsten Schlagzeilen. Da unsere Fernseher mit großzügigen Speichern ausgestattet sind, lassen sich die einzelnen Textseiten extrem schnell aufrufen. Beschleunigt wird das durch den Umstand, dass man die Nummern jener Seiten, die einen interessieren, ohnehin im Kopf hat.
Teletext heute
Die Blütezeit hatte der Videotext im deutschen Sprachraum kurz vor der Jahrtausendwende. Selbst heute noch hat er seine treue Anhängerschaft. Zumindest rund zehn Prozent der Fernsehzuschauer nutzen ihn noch heute regelmäßig. Zudem gibt es den Videotext längst nicht mehr nur am Fernseher, sondern er lässt sich auch am PC und, zumindest in Österreich, sogar per Smartphone-App überall und jederzeit nutzen. Zu den Vorteilen des Videotexts zählt aber auch, dass er, zumindest über die Rundfunkverbreitungswege, absolut anonym nutzbar ist. Womit auch keine Nutzerprofile (Stichwort Datenschutz) angelegt werden können.
Fazit
Der Videotext ist zwar so etwas wie ein Dinosaurier in der Medien-Landschaft, aber gehört noch keineswegs zum alten Eisen. Vielleicht ist es auch sein einfacher Aufbau ohne jegliche Schnörkel, der ihn noch heute attraktiv macht. Einfach konzentrieren auf das wirklich Wesentliche und das in Top-Speed. Das ist es, was heute noch zählt und den Videotext noch immer attraktiv macht. Videotext ist heute noch wichtig. Das sehen wir auch an der Tatsache, dass er nun auch bei den Live-Streamingdiensten Einzug hält.
Text: Thomas Riegler / Redaktion: Felix Ritter