
So eindrucksvoll wie in „The Last Showgirl“ hat Pamela Anderson noch nie gespielt. Jetzt startet der Film auch in Deutschland.
Die vielen Gesichter der Pamela Anderson, so könnte man diesen Film ebenso nennen. Gia Coppolas Regiearbeit ist vernarrt in Andersons Antlitz. Immer wieder zeigt sie die ehemalige „Baywatch„-Ikone aus unmittelbarer Nähe. Der Blick in den Spiegel ist dabei von besonderem Interesse. Wiederholt beobachtet „The Last Showgirl“, wie Anderson als Revue-Tänzerin vor dem Karriere-Aus ihre Fassade zu erhalten versucht. Schminke wird in der Garderobe aufgetragen. Überhaupt ist dieser Backstage-Bereich einer der wichtigsten Schauplätze des Films, den weniger die Kunst auf der Bühne als deren Vorbereitung reizt und die hastigen Wege und Treppenaufgänge, die vor und hinter den Kulissen zurückgelegt werden müssen.
Und dann sind da ebenso die vielen ungeschminkten Eindrücke: Pamela Anderson präsentiert sich in ihrem großen Leinwand-Comeback auch als ungeschönter, alternder Körper, der sich seine Würde in einer oberflächlichen und sexistischen Unterhaltungsbranche zurückzuerobern versucht. Ihre Figur, Shelly heißt sie, hat jahrzehntelang in der „Razzle Dazzle“-Show in Las Vegas getanzt, die nun vor dem Ende steht. Die Show wird abgesetzt. Das Publikum ist längst weitergezogen und giert nach neuen Kunstformen; nicht nach diesem klassischen Revue-Theater, das Shelly und ihre Kolleginnen auf die Bühne bringen.
Pamela Anderson als großartige Charakterdarstellerin
Mit dem biographischen Bruch deutet sich recht schnell an, wer sich opportunistisch weiter durch die Branche manövrieren, wer einfach in einer anderen Show und Kunstform arbeiten kann und wer von diesem Entertainment-Moloch gnadenlos wieder ausgestoßen wird. Shelly als Tänzerin Mitte 50 steht vor den Scherben ihres Lebens. Ihr Traum vom Rampenlicht, für das sie einst ihre mittlerweile erwachsene Tochter (Billie Lourd) aufgegeben hat, zerplatzt wie eine Seifenblase.
Wie Pamela Anderson die Verletzlichkeit ihrer Figur, ihre kindliche Naivität, aber auch ihre divenhaften Allüren verkörpert und all das oftmals im selben Moment, ist großes Schauspielkino. Zu Unrecht hat man Anderson, die für ihre Rolle für den Golden Globe nominiert wurde, lange zum reinen Sexsymbol degradiert und auf ihre eher trashigen TV- und Leinwandauftritte beschränkt. In „The Last Showgirl“ zeigt sie, was sie für eine hinreißende Charakterdarstellerin sein kann, wenn man ihr nur die richtige Rolle anbietet.
„The Last Showgirl“ zeigt die Schattenseiten von Las Vegas
Dass der Film selbst bislang ein etwas durchwachsenes Publikumsecho erhält, mag vielleicht an der eher kleinen, ungeschliffenen Form liegen. Viele Themen und Ansätze bleiben in den knapp anderthalb Stunden Laufzeit etwas lose und offen. Nichtsdestotrotz ist Gia Coppola und ihrer Drehbuchautorin Kate Gersten ein ergreifendes, mitreißendes Charakterporträt gelungen. „The Last Showgirl“ fängt in seinen grobkörnigen 16mm-Aufnahmen den ganzen ästhetischen Zauber, aber auch die hässlichen Seiten von Las Vegas ein.
Ist das Rampenlicht erst einmal ausgeschaltet, sind die glitzernden und funkelnden Kostümteile abgelegt, offenbart sich die Kunst umso niederschmetternder als Arbeit und harte ökonomische Realität. Keine Absicherung weit und breit, soziale Kälte und ausgefahrene Ellenbögen regieren den Alltag. Wenig Platz für echte Träume und Schwärmereien! Shellys Tochter scheint davon bereits mehr zu verstehen als die Tänzerin selbst.
Das Aus für einen Star
Der Traum vom Schönen flackert unter anderem noch als Film aus dem Projektor auf. Zu Hause im Wohnzimmer übt Shelly das Tanzen, während alte Schwarz-Weiß-Aufnahmen einer untergegangenen Zeit an die Wand geworfen werden. Der Körper wird überstrahlt vom älteren Ideal und die Klasse von Shellys Kunst wird in das Reich der Fantasie verbannt. Als sie zum ersten Mal seit Ewigkeiten wieder zu einem Casting gehen muss, dem Scheinwerferlicht und dem strengen, gefühlskalten Blick des Direktors ausgeliefert, wird sie erbarmungslos mit ihrer Ersetzbarkeit konfrontiert.
Was sie auszeichnet, ihr Talent, das scheint nicht mehr gefragt zu sein und nicht mehr zu gelten. Und plötzlich erscheint der Star nur noch als abgehalfterte Hochstaplerin. Also rettet sich Shelly in diese wenigen schillernden, glamourösen Momente, die ihr noch bleiben. Man möchte ihr in diesem bewegenden, stilvollen Drama am liebsten noch ewig dabei zusehen.
„The Last Showgirl“ läuft ab dem 20. März 2025 in den deutschen Kinos.
Hinweis: Bei einigen Verlinkungen handelt es sich um Affiliate-Links. Mit einem Kauf über diesen Link erhält DIGITAL FERNSEHEN eine kleine Provision. Auf den Preis hat das keinerlei Auswirkung.