Reform der Öffentlich-Rechtlichen: Es bleiben Fragen

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Bildrechte: ARD/ZDF

Die Ministerpräsidenten haben eine umfassende Reform der öffentlich-rechtlichen Sender beschlossen. Sie geht am Ende zu weit und verfehlt an einzelnen Stellen das Ziel. Und sie ist das Endprodukt gelungener Lobbyarbeit. Ein Kommentar.

Die Ministerpräsidenten haben in Leipzig die größte und einschneidendste Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aller Zeiten beschlossen. Es ist eine Reform, die gravierende Auswirkungen haben wird – ob es aber auch die Auswirkungen sein werden, die sich die Politik heute vorstellt, ist offen.

Die jetzt vorgestellte Reform ist die Quittung aller Geschehnisse rund um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den vergangenen Jahren. Es ist die logische Folge auf (erfolgreich) betriebene Lobbyarbeit u.a. privater Medienanbieter und zahlreicher eigener Fehler, insbesondere bei der ARD. Dass unser öffentlich-rechtlicher Rundfunk vor allem veraltet, aufgeblasen, fett und verkrustet ist – dieses Narrativ hat verfangen, unabhängig davon welche Attribute nun wirklich zutreffend sind.

Reform von ARD und ZDF: Nur Symbolpolitik?

Ohne Zweifel: Reformen – speziell innerhalb der ARD – sind nötig und begrüßenswert. Die Entscheidung von Leipzig scheint aber leider einmal mehr auch viel Symbolpolitik zu sein. So wird die Entscheidung bezüglich einer Gebührenerhöhung weiter verzögert, weil schlicht keine Einigung zu finden ist. Es ist klar falsch, dass sich die Ministerpräsidenten nicht an den KEF-Vorschlag zur Gebührenerhöhung um einen sehr moderaten monatlichen Cent-Betrag halten. Ein Cent-Betrag, der weit unter der Teuerungsrate zurückliegender Jahre liegt. Sie haben wohl vergessen, dass sie diese Kommission selbst einberufen haben, um den Finanzbedarf zu ermitteln – und die Richter in Karlsruhe schon einmal entschieden haben, dass die Bundesländer eben nicht mir nichts dir nichts etwas anderes beschließen dürfen.

Das Argument, dass eine Erhöhung nach der jetzt beschlossenen Reform gar nicht mehr nötig ist, verfehlt zudem sein Ziel. Es muss klar sein: Selbst die allerbeste Reform führt nicht zu sofortigen Einsparungen, zumal sie erst umgesetzt wird, wenn alle Landtage zugestimmt haben. Vor Mitte 2025 wird das nicht der Fall sein. Was aber passieren wird: Die Entscheidung von Leipzig dürfte sich recht bald zu Ungunsten speziell freier Mitarbeitender bei den Öffentlich-Rechtlichen auswirken.

Ein schmalerer öffentlich-rechtlicher Rundfunk stärkt nicht automatisch die Privaten

Unter dem Strich dürfte sie den Medienstandort Deutschland also ein Stück weit schwächen. Denn ein reduzierter öffentlich-rechtlicher Rundfunk hat nicht zwangsläufig eine Stärkung der deutschen Privaten zur Folge, besonders nicht in Zeiten, in denen die Mediennutzung speziell bei ganz jungen Menschen inzwischen auf Plattformen mit Sitz in den USA oder China stattfindet. Dieses Problem wurde explizit angesprochen – echte Antworten über die bisherige Existenz von Funk hinaus blieb man schuldig. Stattdessen ging es um Leitplanken, mit denen sich vermeintlich schnell punkten lässt. Die Beschneidung üppiger Honorare für die Bosse etwa. Dass die Intendanz der Sender nun weniger verdienen kann, könnte dann zum Bumerang werden, wenn sich herausstellt, dass nicht mehr nur On-Air-Personal dem Geld folgt und von ARD/ZDF zu privaten Anbietern wechselt. Vom wirklich großen Wurf lässt sich an einigen Stellen der Reform also nicht sprechen.

Am Sinnvollsten erscheinen da noch die durchaus sinnvollen Streichungen linearer Programme – in Zeiten steigender Beliebtheit von Mediatheken sind Sendermarken zwar gute Absender, gleichwohl aber weniger wichtig als früher. Ohne von Sendern zu treffenden Entscheidungen vorzugreifen, aber weder ARD alpha noch One fielen zuletzt durch Unabdingbarkeit auf. Im Gegenteil: Senderstreichungen bedeuten ja nicht zwangsläufig, dass alle Programmmarken mitsterben müssen. Gut gemacht kann das die verbliebenen Spartensender oder sogar die Hauptprogramme stärken. Schmerzhafter sind da schon die Abstriche, die der (sehr wohl aufgeblasene) Hörfunk wird machen müssen, übrigens auch, weil diese sehr wahrscheinlich zulasten der programmlichen Vielfalt gehen werden.

Dem Willen der Politik nach soll ein maßvoller öffentlich-rechtlicher Rundfunk entstehen. Das kann freilich nur im Sinne der Bürger sein. Und doch hat es den Anschein, als wäre die Politik in Leipzig etwas zu wild mit der Axt durch den Wald gelaufen. Eine bestmögliche Umsetzung des neuen politischen Auftrags liegt nun in den Händen der Sender – ausreichend Spielraum, etwa bei der Wahl der zu schließenden Sender, gibt es ja. Intern dürften es unruhige Wochen und Monate bei ARD und ZDF werden – da hilft dann wohl auch nicht, dass die Zeiten der von extern hereingetragenen Unruhe vermutlich zu Ende gehen werden.

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55 Kommentare im Forum
  1. Also für mich ist das keine "große Reform", was da bisher verlautbart wurde. Es ist ein Herumdoktern an Symptomen, um die Bevölkerung ruhigzustellen. Die Weigerung, die Gebühren zu erhöhen, wird krachend vor Gericht scheitern. Eine wirkliche Reform wäre die Begrenzung der vielen Onlineaktivitäten, denn die erzeugen seit Jahren die größten Kostensteigerungen. Und diese Mehrausgaben versucht man immer weiter durch Reduzierung des eigentlichen Rundfunkauftrags zu finanzieren. Eindeutig der falsche Weg.
  2. Wenn es nicht diese ganzen ÖR-Basher geben würde, bräuchte es auch keine Reform. So wie es derzeit ist, ist es doch gut. Es ist für jeden etwas dabei. Und da kann man doch nicht dauernd meckern. Ich schaue meine ganzen Vorabendserien auf ARD und ZDF sehr gern an. Und da gibt es für jeden anderen bestimmt auch etwas, was er gern schaut.
  3. Man müsste die Leute ja nur von der Bezahlung der ARD befreien, dann könnten die ARD machen was sie wollen mit Ihren 70 Radiosender und über 20 TV Sender
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