Kommentar: IRT-Schließung ist Fehlentscheidung technikfremder Intendanten

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Sendeanstalten, die nun weitere Millionenbeträge in die antiquierte SD-Verbreitung investieren, sollten sich auch die technische Zukunft leisten können.

Das Instituts für Rundfunktechnik, kurz IRT, soll zum Jahresende abgewickelt werden. Denn auch in einer zweiten Gesellschafterversammlung am Freitag haben sich die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten nicht auf eine Fortführung einigen können. Jetzt soll ein Sozialplan für die Mitarbeiter erarbeitet werden. Dabei wäre das Forschungsinstitut so enorm wichtig für den Medienstandort Deutschland. Sind die Intendanten etwa der Meinung, dass nun alles in der Rundfunktechnik entwickelt sei? Oder dass man alles billiger einkaufen könne? Das ist ein fataler Irrglaube! Was auf den ersten Blick vielleicht günstiger wirkt, ist für die Sender (und Zuschauer) langfristig meist teurer. Sie müssen dann mehr technische Lizenzen einkaufen, die oft aber nicht 100% auf sie passen.

Seit Jahrzehnten hat das IRT dazu maßgeblich beigetragen, dass wir in Zentraleuropa viele Features haben, die in den USA oder Asien nie entwickelt worden wären. In den 80er Jahren entwickelte beispielsweise der IRT-Mitarbeiter Arthur Heller das VPS-System, das sekundengenaue Aufnahmen mit dem Videorecorder ermöglichte. IRT-Mann Klaus Merkel gilt auch international als einer der wichtigsten Köpfe beim HbbTV-Standard, der lineare Fernsehwelt und OnDemand-Inhalte aus der IP-Welt zusammenbringt. Zuschauer kennen HbbTV als die mit der roten Taste erreichbaren Mediatheken. Aber das ist nur ein kleiner Einblick in das große Spektrum des IRTs. Hätten die Rundfunkanstalten damals nicht auf ein zentrales Institut gesetzt, wären niemals so viele Innovationen entstanden. Auch die aktuelle Forschung zu Rundfunk über 5G ist elementar wichtig für die Sender, um auch künftig unabhängig von den Mobilfunkern terrestrisch auf Sendung zu bleiben.

Aber anscheinend investieren die Rundfunkanstalten die Gelder lieber in Inhalte. Die von DIGITAL FERNSEHEN vor einigen Wochen bekannt gemachte Verlängerung der SD-Ausstrahlung der Programme von ARD und ZDF via Satellit kostet in den kommenden vier Jahren Millionenbeträge, mit denen man das IRT locker in einer etwas verkleinerten Form hätte weiterleben lassen können.

Es wäre möglich gewesen, das IRT erfolgreich in die Zukunft zu führen. Doch dazu hätte die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Verantwortung, Flexibilität und vor allem Weitsicht zeigen müssen. Wer sich nicht traut, antiquierte SD-Sendetechnik abzuschalten, will auch keine technischen Innovationen. Dann müssen sie sich aber auch nicht wundern, wenn künftig die Amazons und Googles dieser Welt die technischen Spezifikationen in den Empfangsgeräten vorgeben und der Markt immer mehr zu geschlossenen und technisch nicht kompatiblen Plattformen driftet. Das IRT stand für offene Standards, Interoperabilität und freies Fernsehen.

Lesen Sie dazu auch unsere Meldung: Institut für Rundfunktechnik wird zum Jahresende geschlossen

Transparenzhinweis: Der Autor war während seines Elektrotechnik-Studiums Praktikant im IRT und erhielt so einen Einblick in die dortige Forschungsarbeit.

12 Kommentare im Forum
  1. Selten so einen Unsinn gelesen. Eine Institution wie das IRT hatte vor 60 Jahren sicher eine Berechtigung. Damals war die Rundfunktechnik noch neu und es gab kaum einen Markt dafür. Also mussten die Innovationen anders entwickelt werden. Wer heute wirklich denkt, dass 100 Leute aus Südbayern mit weltweiten, milliardenschweren Technologieunternehmen, wie Apple, Huawei und Co. mit tausenden Ingenieuren mithalten können, muss schon ziemlich naiv sein. Jetzt kommt nicht mit sowas wie MP3 Codec von vor 30 Jahren. Da hat das IRT mitgearbeitet, führend war die Fraunhofer Gesellschaft. Und dann lassen sich die vom IRT auch noch bei den Patenten bescheissen. Die Gesellschafter, also auch Ausländische, wie ORF und SRF sahen das wohl genauso und wollten kein Geld mehr verbrennen.
  2. VPS war nett gedacht, aber hat nie eine internationale Bedeutung erreicht. Jetzt fristet VPS ein jämmerliches Dasein. HbbTV kann man nichtmal einheitlich bei den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten umsetzen. Sieht man am deutlichsten bei der Replay-Funktion mit dem blauen Button.
  3. Leider denken auch unsere Politiker wie du, also lassen wir nun alles vom Ausland erfinden? Apple hat zwar auch vieles entwickelt aber meistens nur weiter entwickelt. Huawei hat nur weiter entwickelt und nichts neues erfunden. Deutschland könnte auch mehr erfinden und entwickeln aber es wird überall das Geld dafur abzogen weil alle so denken wie du. Dann brauch ich mich nicht zu wundern wieso man bei Shark Tank noch echte Erfinder sehen kann und bei uns in Hölle der Löwen immer nur Kosmetik, Klamotten oder Hundehalsbänder. Aber in einem Land wo Internet immer noch Neuland ist und man sich über Amazon aufgeregt aber selber nicht einmal ein Angebot auf die Beine stellen kann ist es wohl normal.
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