In „Der Herr der Ringe: Die Schlacht der Rohirrim“ geht es zurück nach Mittelerde. Allerdings in anderer Form als sonst.
Der Titel dürfte bei einigen Fans Hoffnungen wecken. Ein Action-Spektakel, ein Schlachtengemälde kündigt er an. Und in der Tat lässt sich „Die Schlacht der Rohirrim“ nicht lumpen, die großen Schauwerte, Zerstörungen und Gefechte aufzufahren. Peter Jacksons „Der Herr der Ringe“-Trilogie nach den Romanen von J.R.R. Tolkien hatte diesbezüglich Maßstäbe im Kino und in der Popkultur gesetzt. Was als Fantasy-Abenteuer und Erkundung einer märchenhaften Welt begann, hatte sich spätestens im dritten Teil „Die Rückkehr des Königs“ zu einem überbordenden Kriegspanorama mit gigantischen aufeinanderprallenden Heeren, tödlichen Maschinerien, riesigen Schlachtfeldern und kämpfenden Fabelwesen gemausert.
Dieser neue Kinofilm nun, bei dem es sich um einen Anime handelt, inszeniert von Kenji Kamiyama, spielt etwa 200 Jahre vor den Ereignissen der ikonischen Trilogie. „Die Schlacht der Rohirrim“ ist ein Prequel, das die Geschichte einer jungen Kriegerprinzessin und Kriegerbraut erzählt. Héra lautet ihr Name. Sie ist die Tochter von Rohans König Helm Hammerhand und eine einflussreiche Gestalt, die man aufgrund ihres Geschlechts aus den Geschichtsbüchern getilgt hat, wie die Erzählerin (Miranda Otto alias Éowyn aus der „Herr der Ringe“-Trilogie) anfangs verkündet.
Die Herrschaft Helms gerät ins Wanken, als ein junger Mann namens Wulf nach Rache für seinen getöteten Vater giert, welcher ebenfalls den König von Rohan herausgefordert hatte. Also entbrennt ein Krieg gegen die Pferdeherren. Die Bewohner der königlichen Stadt Edoras fliehen in die Festung Helms Klamm, wo eine zermürbende, nicht enden wollende Belagerung beginnt. Héra muss sich behaupten, um das Volk vor den Invasoren zu retten.
„Die Schlacht der Rohirrim“ zeigt einen weiteren Kampf um Helms Klamm
„Die Schlacht der Rohirrim“ serviert dem Publikum zur Vorweihnachtszeit also eine dicke, fette Nostalgie-Pille. Während Amazons Versuch mit „Die Ringe der Macht“ bei weiten Teilen des Publikums daran scheitert, an das wohlige Gefühl anzuknüpfen, das viele mit der einstigen Trilogie verbinden, geht dieser neue Film auf Nummer Sicher. Und es gelingt ihm eine Zeit lang. Wenn in den ersten Szenen etwa Teile der berühmten musikalischen Themen von Howard Shore im Kino erklingen und die Kamera über die Landschaften hin zu den Königshallen Rohans fliegt.
Was sich dort an Handlung entspinnt, ist eine willkommene Abwechslung zu den überbordenden Weltentwürfen und Abschweifungen, die sowohl Peter Jacksons „Hobbit“-Filme als auch „Die Ringe der Macht“ zuletzt unternommen haben. Hier geht es nicht darum, Unmengen an Lore und Hintergrundwissen vorzukauen. Ebenso wenig geht es allein um die große Serialität. In dieser Hinsicht tut es gut, mal wieder einen einzelnen, kompakten Kinofilm sehen zu können, der zwar an Bestehendes anschließen will und allerlei Brücken baut, aber im Großen und Ganzen ebenso für sich selbst steht.
„Herr der Ringe“ in neuer Anime-Ästhetik
Eine Mischung aus klassischen Königsdramen und Motiven mittelalterlicher Dichtung wird in diesem Ränkespiel geboten, das irgendwann zum Krieg eskaliert. Die animierte Ästhetik bietet dabei einige imposante Schauwerte, wenn Armeen aufeinander losgehen, ein gigantischer wilder Olifant sein Unwesen treibt oder ein Belagerungsturm die Festung zu bezwingen versucht. Schade ist nur, dass sich die Form des Animationsfilm beziehungsweise des Anime kaum traut, eigene Akzente zu setzen.
Sie ist detailverliebt und hübsch gestaltet, arbeitet aber vor allem mit Wiedererkennungswerten, reproduziert bekannte Bilder aus den älteren Filmen und biedert sich einem westlichen Publikum an. Fast scheint es so, als wolle man einem von den animierten Look entfremdeten Publikum nicht noch zusätzliche Hürden zumuten, die womöglich noch einmal einen ganz anderen Entwurf für die vertrauten Schauplätze und Motive finden.
Nostalgisch, aber leer
Die Mutlosigkeit raubt dem Film irgendwann seinen Zauber. Dass nach „Die zwei Türme“ ein weiterer Film erscheint, der sich hauptsächlich um die Verteidigung von Helms Klamm dreht, mag man noch akzeptieren. Wie viel Zeit dies verschlingt, wie setzkastenmäßig gewisse Konflikte dabei aufgelöst werden und Fanservice um Fanservice geboten wird, das ernüchtert dann doch. Riesige Adler, Orks, die Ringe sammeln, ein prominenter Cameo-Auftritt aus der bekannten Geschichte: All das wird mit einer gewissen Einfallslosigkeit heruntergerattert, die die Marke „Der Herr der Ringe“ zwar einigermaßen unterhaltsam am Laufen hält, aber am Ende keine eigene Vision oder Idee besitzt, was sich mit dieser Welt noch anstellen ließe. „Die Schlacht der Rohirrim“ fühlt sich am Ende enttäuschend leer und kalkuliert an.
Ärgerlich ist das vor allem deshalb, weil seine mittelalterlichen Opferfantasien und kriegerischen Ideologien unkritisch reproduziert bleiben und eine Neubefragung vermissen lassen. Gerade vor dem Hintergrund aktueller geopolitischer Konflikte! „Die Schlacht der Rohirrim“ bleibt damit am Ende der mitreißendste „Herr der Ringe“-Nachklapp seit Peter Jacksons originaler Filmtrilogie. Er fühlt sich ironischerweise mehr nach „Herr der Ringe“ an als Jacksons chaotische „Hobbit“-Trilogie. Zugleich zeigt dieser Film, dass die Denkrichtung seines Franchises gerade verzweifelt darum bemüht ist, in der Vergangenheit zu verharren. Aus Angst davor, Neues zu wagen. Aus dem Wissen darum, dass Neues in der „Herr der Ringe“-Welt zum Teil mit harscher Kritik einherging und man somit vor dem zahlenden Publikum einknickt. Oder schlicht aus purer Fantasielosigkeit.
„Der Herr der Ringe: Die Schlacht der Rohirrim“ läuft ab dem 12. Dezember 2024 in den deutschen Kinos.
Hinweis: Bei einigen Verlinkungen handelt es sich um Affiliate-Links. Mit einem Kauf über diesen Link erhält DIGITAL FERNSEHEN eine kleine Provision. Auf den Preis hat das keinerlei Auswirkung.