Eine Preisverdoppelung mitten in der Saison ist schon mal eine Ansage. Erst recht in Anbetracht der letzten Erhöhung der Abokosten bei DAZN vor nicht einmal sechs Monaten.
Eins ist heute offensichtlich geworden: DAZN muss den Tatsachen in die Augen schauen. Die Tage des Preisdumpings sind vorbei. Klar, so gestaltet man einen Markteintritt. Erst einmal mit niedrigen Kosten locken, zum Zeitpunkt des Etablierens dann das Eingeständnis, dass man defizitär nicht auf Dauer funktionieren kann. Willkommen in der Realität, meine Lieben!
Bisherige DAZN-Preise sicherlich defizitär gewesen
Der letzte Satz ist natürlich ambivalent auslegbar. Denn der Leidtragende ist natürlich vor allem der Kunde, aber auch der Konkurrent. Sky ist aus den Gefechten um attraktive TV-Rechte – wie das an der Champions League – als Verlierer hervorgegangen. Da hilft es auch nichts, dass man anders herum DAZN die Premier League und NHL abluchsen konnte.
Der Pay-TV-Platzhirsch musste sich zudem vorhalten lassen, das übrig gebliebene Programm verhältnismäßig hochpreisig unters Volk zu bringen. Zurecht, denn schließlich sind auch hier jüngst die Preise erhöht worden. Wenn auch nicht in derartig astronomischer Relation. Nun dürfte der Nackenschlag, den DAZN seiner Kundschaft versetzt, den meisten Fußball-Fans aber wohl auch in Bezug auf den Emporkömmling die Augen öffnen.
Das komplette Live-Fußball-Angebot wird richtig teuer
Die Rechtelage ist vorerst zementiert. Sky hat noch auf Jahre den Bundesliga-Samstag, die 2. Liga, die Premier League und den DFB-Pokal. DAZN die ersten Ligen aus Italien, Spanien sowie Frankreich, (mindestens) drei Bundesliga-Partien pro Spieltag und nicht zuletzt die europäische Königsklasse des Fußballs, die Champions League. Über 60 Euro monatlich kostet der ganze Spaß künftig. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Für die sage und schreibe 575 Euro Jahresabo-Kosten (Rabatte beider Anbieter zusammengerechnet) bekommt man eine Dauerkarte für beste (Sitz-)Plätze bei Bayern München.
Bestandskunden-Verschonung hin oder her
Natürlich muss man erwähnen, dass Bestandskunden vorerst(!) von der DAZN-Preistreiberei verschont bleiben. Der Sportstreaminganbieter schiebt aber in deren Richtung bereits vor, dass die Schonfrist für Alt-Nutzer lediglich bis zur neuen Saison gilt.
Für DAZN ist es am Ende eine Milchmädchenrechnung: Bleiben nach der Erhöhung mehr als die Hälfte der bisherigen Nutzer übrig, macht man ein Plus. Die Neukunden, die sich nun auf den letzten Drücker vor dem 1. Februar noch schnell den alten Preis sichern wollen, noch nicht einmal mit eingerechnet.
Klingt, objektiv betrachtet, erreichbar. Denn es gibt wohl genügend Fußball-Anhänger, die unbedingt alles sehen wollen. Dieses devote Verhalten ist das monetäre Wasser auf die Mühlen der Anbieter.
Für mein Empfinden könnte man dann genauso gut fragen, ob man nicht auch Trinkgeld auf den Rundfunkbeitrag entrichten darf.
Ein Kommentar von André Beyer.