„Copenhagen Cowboy“: Herausragendes Serien-Monstrum neu bei Netflix

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Frau mit Streichholz im Dunkeln
Foto: 2022 Netflix, Inc.

Seit Donnerstag ist mit „Copenhagen Cowboy“ von Kult-Regisseur Nicolas Winding Refn („Drive“) eine außergewöhnliche Neo-Noir-Serie bei Netflix verfügbar.

Es dauert nicht lang und man weiß, dass man eine solche Serie nicht alle Tage zu sehen bekommt. Wo zahlreiche Streaming-Inhalte auf Massengeschmäcker abzielen, nach Regeln erzählerischer Ökonomie und Konsumierbarkeit gestrickt sind, tanzt Nicolas Winding Refn einmal mehr aus der Reihe. Bereits mit seiner Amazon-Serie „Too Old To Die Young“ hat der Autorenfilmer ein sperriges Ungetüm von einer Serie geschaffen.

In einem radikal entschleunigten Tempo und mit drastischen Darstellungen hatte Refn damals von korrupten und gewalttätigen mafiösen Machenschaften in der Unterwelt von Los Angeles erzählt. Nachdem Amazon verkündet hatte, keine Fortsetzung produzieren zu wollen, hat es Nicolas Winding Refn nun zu Netflix verschlagen, wo er mit „Copenhagen Cowboy“ seinem ganz eigenen Stil treu bleibt.

Foto: 2022 Netflix, Inc.

„Copenhagen Cowboy“ ist Nicolas Winding Refn pur

Refns „Copenhagen Cowboy“ ist zwar wesentlich leichter verdaulich als seine letzte Serie geraten, besticht aber wieder mit einer äußerst eigenwilligen Erzählweise und formverspielten Inszenierung. Bereits vergangenes Jahr feierte der jüngste Streich des Regisseurs seine Weltpremiere bei den Filmfestspielen von Venedig, wo DIGITAL FERNSEHEN einen ausführlichen ersten Eindruck zu der sechsteiligen Show geschildert hat.

„Copenhagen Cowboy“ vereint alle Zutaten, für die Nicolas Winding Refn („Drive„, „The Neon Demon„) von seinen Fans geliebt wird. Seine expressiven Bild- und Klangwelten sind von bunten Neonlichtern und dröhnenden Beats durchzogen. Seine Plots schauen derweil in menschliche Abgründe voller Sex und Gewalt und kreieren finstere Mythen.

Menschen werden in ihnen zur Ware, finden sich in brutalen Rachefeldzügen und rätselhaften Tagträumen wieder. Refn dreht Filme und Serien, die dabei weniger von ihren ausgefeilten Drehbüchern leben, sondern vielmehr in bestimmten Stimmungen und Momentaufnahmen schwelgen, die sich lustvoll verzweigen, verirren und mitunter fast an der Grenze zur Trance bewegen. Auch mit „Copenhagen Cowboy“ ist ihm ein regelrecht erschlagendes, hypnotisches Werk gelungen, in dem man sich ebenso fasziniert wie verstört verlieren kann.

Foto: 2022 Netflix, Inc.

Sex, Gewalt und Fabelwesen

Die rätselhafte Miu (Angela Bundalovic) taucht zu Beginn von „Copenhagen Cowboy“ wie aus dem Nichts auf und gerät in einen Kopenhagener Frauenhändlerring. Niemand weiß zunächst, woher sie kommt. Irgendwelche ominösen Kräfte scheint sie zu besitzen. Ist sie eine Hexe, ein Alien? Im Laufe der sechs Episoden webt Nicolas Winding Refn dann immer mehr fantastische Elemente ein, die die Unterwelt aufmischen, darunter Vampire und andere Fabelwesen. Es ist der Versuch, altbekannte Thriller- und Film Noir-Zutaten mit neuen, unvorhergesehenen Wundern und Mysterien aufzuladen. Und dem Regisseur scheinen noch allerlei schräge Ideen im Kopf herumzuspuken, wie die letzte Folge der Serie bereits verspricht.

Ob das ungewöhnliche Serien-Experiment eine zweite Staffel erhalten wird, nachdem Netflix in dieser Woche schon diese erste Staffel eher stillschweigend veröffentlicht hat, scheint aktuell fraglich. Zumal der Streaming-Dienst jüngst mit der überraschenden Absetzung des gehypeten Formats „1899“ höchste Undurchschaubarkeit bewiesen hat, welche Serien in die Verlängerung geschickt werden und welche nicht. So oder so sticht „Copenhagen Cowboy“ mit seiner eigensinnigen Form aus dem Serien-Einheitsbrei deutlich hervor. Ein erster großer Geheimtipp für das Serienjahr.

„Copenhagen Cowboy“ ist seit dem 5. Januar 2022 bei Netflix verfügbar.

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