Aufnehmen oder Mediathek? – Die Tücken liegen im Detail

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Fernbedienung
© tomispin - stock.adobe.com

Mediathek-Inhalte, Replay und Co. haben das Aufnehmen von eigener Hand überflüssig gemacht. So hat es zumindest den Anschein. Doch wie so oft steckt hier der Teufel im Detail. Da rückt die eigene Aufnahme wieder in den Fokus.

Ist das selbst programmierte Aufnehmen von TV-Inhalten in Zeiten, wo fast jeder Sender seine eigene Mediathek hat, wirklich überflüssig geworden? Zeitversetztes Fernsehen ist genau genommen keine Erfindung des Streaming-Zeitalters, sondern hat seine Wurzeln in den späten 1970er-Jahren. Damals wurde der Video-Rekorder mit der Einführung des VHS-Systems zum Massenphänomen. Video-Rekorder waren toll. Sie befreiten die Menschheit von dem Zwang, Sendungen dann ansehen zu müssen, wenn sie ausgestrahlt wurden. Man brauchte nur den Rekorder zu programmieren und hatte die Sendung nun auf Kassette. Solange man wollte.

Zudem erzeugten Video-Rekorder das Gefühl von Sicherheit. Man wusste, dass man keine Sendung mehr versäumen würde. Ob man sich einen Mitschnitt dann später wirklich angesehen hat, konnte jeder für sich entscheiden. Der VHS- und DVD-Rekorder sind längst Geschichte. Doch das Aufnehmen und die damit verbundene Individualität des Fernsehens sind, wenn auch in anderer Form, geblieben.

Mediatheken von ARD, ZDF und Co.

ARD Mediathek; © NDR/ARD.de
© NDR/ARD.de – In Mediatheken findet man viele bereits ausgestrahlte Sendungen, aber auch exklusive Inhalte zum individuellen Ansehen

Mediatheken machen das selbst programmierte Aufnehmen überflüssig. Zumindest auf den ersten Blick. Mediatheken bieten nicht nur Sendungen zum Nachsehen, sondern zunehmend auch solche, die noch gar nicht ausgestrahlt wurden. Vorsortierungen, Empfehlungen und eine Suchfunktion bieten zudem mehr Komfort.

Doch wie viele der im linearen Programm ausgestrahlten Inhalte tatsächlich in den Mediatheken zu finden sind, variiert je nach Sender. Vor allem zugekaufte Spielfilme, Serien und Sport sucht man in der Regel vergebens. Zudem bleiben Inhalte nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag in den Mediatheken. Bei ARD und ZDF sind sie meist bis zu einem Jahr nach ihrer Ausstrahlung verfügbar. Beim österreichischen ORF sind es bis zu sechs Monate. Für Sport gelten eigene Regeln und eine kürzere Verweildauer. Sucht man in der Mediathek etwa nach der Sportschau, wird man hier nur Schnipsel von oft weniger als einer Minute Spieldauer finden.

Private Mediatheken

Joyn Plus; © Joyn
© Joyn – Ein exklusives Feature von Mediatheken ist, dass diese bereits Inhalte anbieten, bevor sie im linearen Fernsehen ausgestrahlt wurden

Zumindest die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender lassen sich ohne Zusatzkosten nutzen. Etwas anders sieht es bei den Mediatheken der Privatsender aus. Joyn, die Plattform der ProSiebenSat1-Gruppe, bietet in Deutschland ein umfangreiches Basisangebot, das auch Partnersender wie TLC mit berücksichtigt. Über Joyn Plus erhält man für monatlich 6,99 Euro den Zugang zu zahlreichen weiteren Streaming-Angeboten sowie zu sechs Pay-TV-Sendern. Darunter sind Pro7 Fun, Sat.1 Emotions und Sport1+. Joyn Plus steht nur Kunden mit deutschem Wohnsitz zur Verfügung. Die Österreich-Variante von Joyn ist generell kostenfrei und beinhaltet auch zum Teil abgespeckte Mediatheken anderer Sender des Landes.

Die RTL-Sendergruppe betreibt mit RTL+ eine eigene Mediathek mit Inhalten der eigenen Sender. Der Zugang wird über mehrere kostenpflichtige Abo-Modelle gewährt. Dafür werden zusätzlich auch Podcasts, Hörbücher und Musik geboten.

Jedenfalls zeigen uns die Privaten, dass man ihre bereits ausgestrahlten Inhalte zum Teil über Mediatheken nur „nach Einwurf kleiner Münzen“ sehen kann. Was am Ende die Wahlfreiheit im Vergleich zu eigenen Aufnahmen doch einschränkt.

Replay

ProSiebenHD, Grey's Anatomy
©Auerbach Verlag / Thomas Riegler – Replay ist mit einer Reihe von Einschränkungen verknüpft. So kann das Vorspulen und/oder Überspringen von Werbung untersagt sein

TV-Streamingplattformen und Kabel-TV-Anbieter bieten meist eine Replay-Funktion an. Mit ihr werden zum Beispiel die im Paket enthaltenen TV-Sender sieben Tage lang automatisch aufgezeichnet und Kunden haben die Gelegenheit, die Sendungen bis zu einer Woche nach ihrer Ausstrahlung anzusehen. Allerdings lassen diese Funktion nicht alle Sender ohne Einschränkungen zu.

Vor allem bei den Privaten stehen nicht alle Inhalte für Replay zur Verfügung. Zudem muss man auf diese Funktion bei diversen Sparten-Sendern zur Gänze verzichten. So auch beim erst im Januar nur online gestarteten Kindersender des ORF. Zusätzliche Einschränkungen kann es zudem bei der Wiedergabe geben. Etwa, indem die Vorspulfunktion deaktiviert ist und man so keine Werbeblöcke überspringen kann. Mitunter entscheidet aber auch der Plattform- oder Kabel-Anbieter, für welche Sender er generell Replay anbietet. Bei weniger genutzten Sendern kann sie eingespart sein.

Online-Rekorder

Online-Rekorder, wie sie von diversen TV-Streamingplattformen angeboten werden, sind eine tolle Sache. Allerdings nur auf den ersten Blick. Bei genauerer Betrachtung sind sie mit einer Reihe von Einschränkungen verbunden. So wird etwa nicht das Aufzeichnen aller verfügbaren Sender erlaubt. Mitunter sind nur einzelne Inhalte für den Online-Rekorder gesperrt, mitunter sind es aber auch ganze Kanäle. Bei ihnen heißt es dann nur, live oder gar nicht ansehen.

SimpliTV Aufnahme
©Auerbach Verlag / Thomas Riegler – Bei Online-Rekordern wird die Speicherdauer zunehmend begrenzt. simpliTV macht darauf etwa nur via FireTV-Stick aufmerksam

Für ein weiteres Ärgernis sorgt die Beschränkung der Aufnahme-Dauer. Je nach Paket des Anbieters beträgt dieses mitunter nur 30 Stunden oder sogar weniger. Das entsprach früher gerade einmal vier im LP-Modus aufgezeichneten VHS-Kassetten und somit so gut wie gar nichts an Speicher-Kapazität. Selbst mit 100 Stunden Aufnahme-Kapazität wird man innerhalb einer Familie nur schwer klar kommen. Damit eignen sich Online-Rekorder gerade einmal, um Sendungen zeitnah nach ihrer Ausstrahlung anzusehen und dann wieder zu löschen.

Mit Ablaufdatum

Von einem Online-Rekorder geht man davon aus, dass darauf gespeicherte Inhalte beliebig lange verfügbar bleiben. Verlassen sollte man sich jedoch nicht darauf. So durften wir es etwa erleben, dass unsere mit einem Online-Videorekorder aufgenommenen Sendungen ohne unser Zutun zur Gänze gelöscht wurden. Wobei es keine Änderungen bei unserem Streaming-Abo gab.

Beendet man ein Streaming-Abo, heißt das ebenfalls, dass man keinen Zugang mehr zu den Aufnahmen des Online-Rekorders hat. Die Funktionalitäten von Streaming-Plattformen werden auch immer wieder mal geändert, ohne dass man als Bestandskunde groß davon Notiz nimmt. Der neueste Clou mehrerer Streaming-Plattformen ist, die Speicherdauer von mit dem Online-Rekorder getätigten Aufnahmen zeitlich zu begrenzen. Etwa auf sechs Monate. Hat man sie bis dahin nicht angesehen, hat man Pech gehabt. Dann sind sie einfach weg.

Lieber als Datei auf einem Speicher-Medium

In diesem Zusammenhang ist uns die österreichische Streaming-Plattform von simpliTV unangenehm aufgefallen. Wie uns auf telefonische Anfrage mitgeteilt wurde, ist auch hier die Verweildauer von Aufnahmen auf ein halbes Jahr begrenzt. Den entsprechenden Hinweis findet man aber nur, wenn man eigene Aufnahmen über die auf dem Amazon FireTV-Stick installierte simpliTV-App abruft. Macht man das über die vorinstallierte App am Smart-TV, über die simpliTV-App am Smartphone oder über das simpliTV-Streaming-Portal am PC fehlt dieser Hinweis. Ihn findet man nicht einmal, wenn man eine der neuen simpliTV-Boxen nutzt.

Speicher-Medien, USB
©Auerbach Verlag / Thomas Riegler – Auf externe Festplatten und USB-Sticks lässt sich auf so gut wie jedem Receiver aufzeichnen. Aufnahmen sind so leicht archivierbar

Dafür sind die Aufnahmen dann einfach mal weg und keiner weiß warum. Auch das mag eine Form von Kunden-Dienst sein. Im Laufe der vergangenen Jahre haben wir mit Online-Rekordern schon einige Änderungen erlebt. Sie vermitteln uns, dass wir es hier zwar mit einem netten Feature zu tun haben. Verlassen kann man sich darauf aber nicht. Aufnahmen, die einem wirklich wichtig sind, sollte man jedenfalls als Datei auf ein Speicher-Medium bekommen.

Filme online kaufen

Auf dieversen Streaming-Plattformen kann man Filme nicht nur im Zuge eines Abos ansehen, solange sie zur Verfügung gestellt werden. Man kann sie auch kaufen. Das lässt vermuten, dass man einen so erworbenen Film wirklich besitzt. Was jedoch nicht der Fall ist. Zumindest nicht, wenn dessen Download auf den eigenen Rechner, ein eigenes Speicher-Medium vor Ort, nicht vorgesehen ist. Genau genommen, erwirbt man nur ein unbefristetes Nutzungsrecht. Wobei diesem unbefristeten Nutzungsrecht Grenzen auferlegt sind. Stellt etwa ein Streaming-Anbieter seinen Dienst ein, verliert man damit auch den Zugang zu den erworbenen Inhalten.

Selbst aufnehmen

Selbst TV-Sendungen aufzeichnen war noch nie so leicht wie heute. Und es bietet eine Reihe von Vorteilen, die von anderen, online-basierten Aufzeichnungsvarianten nicht annähernd wettgemacht werden können. Zunächst einmal kann man alles aufnehmen, was man möchte. Also auch exotische Sender, die man im Zuge von Sat- oder DVB-T/T2-DX empfangen hat.

Receiver, Micro-SD
©Auerbach Verlag / Thomas Riegler – Einige Receiver nehmen auch Micro-SD-Speicherkarten auf. Selbst Speicherkapazitäten von 500 GB gibt es bereits für sehr kleines Geld

Der größte Vorteil ist aber, dass einem Aufnahmen solange erhalten bleiben, wie man selber möchte. Alleine wir bestimmen, wann eine Sendung gelöscht werden soll. So gut wie jeder Receiver lässt das Aufzeichnen von TV-Sendungen zu. Aufgenommen wird meist auf externe USB-Speicher-Medien wie einer Festplatte oder einem Stick. Einige Geräte erlauben auch das Mitschneiden auf Micro-SD-Karte. Vor allem Sticks und Speicherkarten gibt es für kleines Geld. Aufnahmen kann man nicht nur über den Receiver ansehen, sondern auch am PC. Weiter lassen sie sich bequem archivieren und mit geeigneter Software schneiden.

Mediathek und Streaming contra selbst aufnehmen

Zwischen online bereit gestellten Inhalten oder Aufnahme-Möglichkeiten und der Selbstaufnahme auf physisch vorhandene Speicher-Medien besteht ein gravierender Unterschied. Ausschließlich bei der Selbstaufnahme ist man Herr der Dinge. Bei allen anderen modernen Optionen ist man dem guten Willen anderer ausgesetzt. Bei Mediatheken und Streaming-Plattformen weiß man, dass Inhalte nur für einen begrenzten Zeitraum verfügbar sind. Sie wird man auch nicht unbedingt als Ersatz für den Heim-Videorekorder betrachten.

Für den Aufbau eigener Filmsammlungen sind solche Dienste nicht vorgesehen. Bei den Online-Rekordern der TV-Streaming-Plattformen sieht es grundsätzlich etwas anders aus. Zwar suggerieren uns auch diese, dass der Heim-Videorekorder Schnee von gestern ist. Online ist ja alles viel einfacher, viel praktischer. Und nur online hat man überall und jederzeit auf allen Endgeräten Zugang zu den eigenen Aufnahmen. Klingt alles super. Dass online gespeicherte Aufnahmen mit einem Ablaufdatum versehen sind, wissen die wenigsten. Gerade dieser Umstand zeigt uns aber, wie wenig Verlass darauf ist.

Mediatheken ZDF
©Auerbach Verlag / Thomas Riegler – Die Verfügbarkeit einzelner Inhalte in den Mediatheken beträgt mitunter nur wenige Wochen. Sie ist in den Detailinfos zur Sendung angeführt

Geoblocking

Geoblocking ist bei Mediathek-Inhalten ein großes Thema. Wohnt man in Deutschland, wird man davon nicht allzu sehr betroffen sein, da alleine ARD, ZDF und Arte eine mehr als beachtliche Vielfalt in ihren Mediatheken bereit stellen. Da ist es wirklich egal, ob man nun eine Dokumentation zur linearen Ausstrahlung ansieht oder später in der Mediathek.

Von dieser Flexibilität wagen etwa Österreicher nicht einmal zu träumen. Zwar erfreuen sich auch hier die eben genannten Plattformen großer Beliebtheit, allerdings weiß man, dass längst nicht alle Inhalte verfügbar sind. Davon betroffen sind vor allem Spielfilme, viele zugekaufte TV-Serien und Dokumentationen. Sie stehen über die Mediatheken definitiv nicht zur Verfügung. Möchte man sie jedenfalls sehen, führt kein Weg an der Selbstaufnahme vorbei.

Aufnehmen oder Mediathek? – Das Fazit zur Frage

Mit dem alten Video-Rekorder haben wir bereits ab den späten 1970ern gelernt, dass Fernsehen eine höchst individuelle Angelegenheit sein kann. Streaming-Plattformen aller Art kann man so als Weiterentwicklung dessen betrachten, was vor rund 50 Jahren seinen Anfang genommen hat. Sie machen zudem vieles besser und eröffnen uns Möglichkeiten, von denen wir noch vor zehn, 20 Jahren nicht einmal zu träumen gewagt hätten.

VHS Videokassette
©Auerbach Verlag / Thomas Riegler – Die gute alte VHS-Kassette hatte den Vorteil, dass eigene Aufnahmen über Jahrzehnte erhalten bleiben. Die sind nicht mal schnell weg

Doch es ist nicht alles Gold, was glänzt. So sind wir etwa bei Streaming-Plattformen Abhängigkeiten eingegangen, die früher undenkbar waren. Oft haben wir die Kontrolle, teils unwissend, aus der Hand gegeben. So bestimmen andere, was wir online aufzeichnen und für wie lange wir es wie nutzen dürfen. Stichwort Vorspulsperre. Dafür können wir die Aufnahmen nun ohne großen Aufwand überall dort nutzen, wo wir es wollen, denn die Clowd lässt sich auch am Smartphone oder der Zweitbox aufrufen.

Selbst aufnehmen mag aus der Mode gekommen sein. Dabei hat auch diese Funktion einige tolle Fortschritte erleben dürfen. Vor allem aber lässt sich wirklich alles aufzeichnen. Und zwar so, wie wir wollen und was wir wollen. Im Übrigen lässt sich viel mehr aufzeichnen als nur lineares Fernsehen. Selbst Filme von Streaming-Plattformen sind möglich. Es zahlt sich aus, der Selbstaufnahme eine Chance zu geben. Oft hat man die technischen Voraussetzungen ohnehin schon zu Hause. Also könnte man sie ja auch nutzen.

Text: Thomas Riegler / Redaktion: Felix Ritter

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36 Kommentare im Forum

  1. Falsch ganz falsch, denn ersten fehlt dann die 5.1 Tonspur und zweitens sind nicht wenige Filme überhaupt nicht in der Mediathek und dann kommt noch der Aspekt, das bei Serien diese oft nur unvollständig in der Mediathek sind. Dann muss man frühzeitig die Inhalte aus der Mediathek aufnehmen.
  2. Einfach auch mal den Artikel lesen und nicht nur auf den Teaser reagieren wäre schon mal ein guter Anfang.
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