„Alien: Romulus“: Kurzweilige Weltraum-Geisterbahn

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Gesicht mit Facehugger
Foto: Walt Disney Company Germany

„Alien: Romulus“ bereitet einen der größten Horror- und Sci-Fi-Klassiker für eine neue Generation auf. Die nostalgische Rückbesinnung stößt dennoch an Grenzen.

Gleich zu Beginn ist alles beim Alten. Drückende Stille im Weltall, ein Raumschiff gleitet durch die Dunkelheit. Im Innern: gespenstische Gänge und Kammern, seltsame Maschinen, die plötzlich geräuschvoll die Ruhe zerreißen. Und dann kommt dieser Brocken herbeigeschwebt, der durch eine Schleuse aufgefangen wird und seltsame Spuren, ein Relief vielleicht oder die außerirdische Form selbst, erkennen lässt. Im Hintergrund türmen sich die heulenden Stimmen eines Chors wie Sirenen in die Höhe und kündigen das drohende Unheil an. „Alien: Romulus“ erinnert hier nicht umsonst an Stanley Kubricks „2001: Odyssee im Weltraum“ und den ähnlich inszenierten Fund des dunklen Monolithen, der eine so furchteinflößende, mysteriöse Aura verströmt.

In diesem neuesten Teil der „Alien“-Reihe hat das Franchise selbst bereits den Charakter eines solchen Monolithen angenommen und nähert sich als schwer beladener Klotz unserer Gegenwart. Horror und Gräuel, Angstlust weckt er. Das Original aus dem Jahr 1979 gilt als Meilenstein der Filmgeschichte und zieht auch heute noch mit seiner grauenerregenden Atmosphäre und ikonisch gewordenen Schockeffekten in den Bann. Zugleich sind da dieser kaum noch zu durchdringende erzählerische Ballast und die Mühlen der Franchise-Zweit- und Dritt- und Viertverwertung, die auch diese Filmreihe mittlerweile ereilt haben.

An den erzählerische und inszenatorische Raffinesse des ersten Teils von Ridley Scott reichte kein Teil je wieder heran und wird es vermutlich auch in Zukunft nicht. „Alien: Romulus“ erscheint wie eine routinierte Wiederbelebungsmaßnahme, eine künstliche Beatmung des „Alien“-Grusels, der vorerst wieder ins Leben zurückkehrt. Aber wie lange er dort bleiben kann; das erscheint nach diesem neuen Teil doch eher fraglich.

Der Xenomorph in "Alien: Romulus"
Foto: 2024 20th Century Studios. All Rights Reserved.

„Alien: Romulus“ spielt zwischen den ersten beiden Teilen

Fede Alvarez hat die Regie bei diesem Teil übernommen, der zwischen „Alien“ und „Aliens – Die Rückkehr“ angesiedelt ist. Alvarez, der etwa mit „Don’t Breathe“ und der Neuverfilmung von „Evil Dead“ bekannt wurde, hat die schwierige Herausforderung, die Reihe wieder auf einen vertrauten, sicheren Kurs zu bringen, nachdem sich die letzten Filme an ihren zumindest ambitioniert gedachten Experimenten verhoben hatte. „Prometheus“ und „Alien: Covenant“ wollten Vorgeschichten zu dem Original, von der großen, mythischen Welten- und Menschenschöpfung erzählen, verrannten sich aber in ihren ausgelegten Spuren, die bis heute zu wenig Geistreichem führten.

Auch deren Rudimente, die noch in „Alien: Romulus“ eingebaut wurden, wollen einfach keinen kohärenten Gedanken ergeben. Davon abgesehen präsentiert sich Alvarez‘ Film jedoch in erster Linie als stilsichere Genre-Übung, die sich von allerlei überflüssigem Handlungswust der Vorgänger befreit. Stattdessen lässt sie die ursprünglichen Zutaten und Situationen für sich sprechen.

Cailee Spaeny mit einer Waffe in "Alien: Romulus"
Foto: 2024 20th Century Studios. All Rights Reserved.

Beachtliche Grusel-Effekte

„Alien: Romulus“ will kurzweiliges Adrenalinkino sein, das sich mit naiver Freude darin ausprobiert, wie sich aus den abgegriffenen Bildern, Monstren und Ängsten noch immer der maximale Effekt ziehen lässt. „Romulus“ nähert sich mit großer handwerklicher Akribie der älteren Ästhetik der Reihe, setzt auf handgemachte, praktische Tricks, üppig ausstaffierte Sets, Puppen, Kunstblut, Schleim. Eine amüsante Geisterbahnfahrt im Weltall ist das.

Es geht durch dunkle Gänge, in denen schaurige Netze, schwebende Säure-Kleckse oder auch ein schleimiger, an eine überdimensionierte Vagina erinnernder Kokon warten. Die sexuellen Untertöne der Reihe werden wieder lauter und in Bilder gefasst. Dazwischen hängen verunstaltete Puppen, zugerichtete Leichen, die zu lauten Geräuschen im Bild erscheinen, um dem Publikum einen Schock durch die Glieder zu jagen. Und natürlich gibt es die altvertrauten, krabbelnden Facehugger-Spinnen zu sehen, die auf Gesichter springen, um ihre Saat in Körper zu pflanzen, welche hinterher möglichst blutig splatternd aus Brustkörben bricht.

Viele dieser Szenen mögen inzwischen nur noch jene schocken, die noch nie einen Teil der Reihe gesehen haben. Das erstaunt ohnehin wenig, schließlich spricht allein der Fokus auf junge Protagonisten und Nachwuchsdarsteller von einem deutlich angestrebten Generationenwechsel. Man will junge Menschen neu für die Reihe begeistern, wenngleich keiner der Jung-Stars, nicht einmal Cailee Spaeny („Priscilla„), an das Charisma des Original-Ensembles heranreicht. Für die älteren Semester gibt es allerlei Fanservice obendrauf, der sich mit seinen Anspielungen und Querverweisen einmal quer durch die gesamte Reihe zitiert.

Das Alien nähert sich Cailee Spaeny.
Foto: Foto: 2024 20th Century Studios. All Rights Reserved.

„Alien: Romulus“ bleibt eine bemühte Kopie

Es gibt aber auch genügend Szenen, die erstaunlich schweißtreibend, stimmungsvoll und spannend geraten sind. Etwa dann, wenn Fede Alvarez zu seiner „Don’t Breathe„-Essenz zurückkehrt, die man in ähnlicher Form auch in der „A Quiet Place„-Reihe erleben kann. Figuren schleichen dort möglichst lautlos umher, jederzeit in Angst, bei dem kleinsten Mux von den Feinden (in diesem Fall den Monstern) entdeckt und angesprungen zu werden. Und genau wie „Don’t Breathe“ ist „Alien: Romulus“ in erster Linie ein eskalierender Heist-Film, der von einem Einbruch und Raubzug erzählt, der ordentlich schiefläuft.

Nur: Hier zeigt sich das große Problem des Films. Ihm fehlt an substanziellem Unterbau und er kann sich noch so viel Mühe bei seinen Tricks und Effekten geben, er kann noch so strebsam auf der Nostalgie-Welle reiten und versuchen, die alte Ästhetik und Stimmung des Klassikers heraufzubeschwören. Am Ende bleibt es trotzdem bei einer bemühten, sehr berechenbaren und berechnenden Kopie. „Romulus“ besinnt sich zwar auf die Wurzeln der Reihe, bleibt final aber dennoch ein Zerrbild, weil der kritische Geist des Originals in den Franchises der Gegenwart nur noch als flüchtiger Schatten erscheint.

Das Ausgeliefertsein in einem Raubtierkapitalismus – die Firma, Verträge und Arbeitshierarchie, die einmal in technologischer, dann in menschlicher und schließlich monströser Form auf der Leinwand erscheinen – war einmal der metaphorische Kern der Reihe. Und man könnte ihn noch ganz anders lesen: Man könnte ihn auf die generelle Verwertung, Unterdrückung und den Missbrauch von kleingehaltenen Menschen beziehen, auch bezüglich globaler Kriege. Das Erfolgsrezept von „Alien“ besteht darin, dass man das Szenario immer wieder neu lesen und deuten kann.

Raumschiff-Korridor in "Alien: Romulus"
Foto: 2024 20th Century Studios. All Rights Reserved.

Die Unterdrückten begehren auf

In „Romulus“ bleiben davon Spuren im ersten Akt übrig, wenn er die Lebensumstände seiner Protagonisten zeigt, die ihr Dasein in einer grässlichen, dunklen Minenkolonie ohne Sonnenlicht fristen müssen und von früh bis spät ausgebeutet werden. Nun wagen sie also den Gegenschlag. Sie wollen sich das nehmen, was ihnen zusteht, um nicht wie die Elterngeneration zu enden. Ihre Aufstiegsgeschichte führt zum ersten Mal in Richtung Sonnenlicht. Sie bricht durch die sinnbildlichen Staubwolken, die den Himmel verdunkeln. Nur, um dort oben ihr unheimliches Ende in der Monsterhölle zu finden. Schließlich wirken dort eben doch höhere Kräfte, Verschwörungen und Strukturen, denen diese junge Menschengruppe nicht gewachsen ist.

Zynisch könnte man resümieren: Wären sie mal zu Hause geblieben! Das scheint die Moral von der Geschichte zu sein. Wo „Alien“ seinen vorgeführten Gesellschaftszustand beklemmend werden ließ und somit zu einer kritischen Auseinandersetzung einlud, zeigt „Romulus“ lediglich die Kehrseite dieser Auseinandersetzung. Aus ihm spricht die Erkenntnis, dass das Unwissen und Stillhalten manchmal doch die vermeintlich bessere Wahl sein soll. Und auch das gehört zur trübseligen Hollywood-Realität der Gegenwart, die in allerlei Sympolpolitik und an Nebenkriegsschauplätzen von Utopien und Revolutionen oder wenigstens dem konsequenten Auffächern von Elend zu selten etwas wissen will. Inzwischen, so scheint es, warnt man nur noch vor dem Aufbegehren gegen den Lauf der Dinge.

„Alien: Romulus“ läuft seit dem 15. August 2024 in den deutschen Kinos.

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5 Kommentare im Forum
  1. Meine Güte, warum schwurbelt ihr euch bei euren Filmkritiken immer einen zu recht und macht einen auf literarisches Quartett? Wie wäre es mal mit einer weniger abgehobenen Sprache, dafür mehr Klartext und einer klaren Aussage ob man dem Film nun gut oder schlecht findet. So schwierig kann das doch nicht sein.
  2. Nun wir werden uns am nächsten Dienstag im Kino unser eigenes Bild machen. Ich habe schon einiges positives von dem Film gelesen.
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