Koalitionsvertrag von Schwarz-Rot: Das plant die kommende Regierung für die Medien

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Bundestag; © Deutscher Bundestag/Simone M. Neumann
© Deutscher Bundestag/Simone M. Neumann

Einblick in den Koalitionsvertrag, der am Mittwochnachmittag in Berlin vorgestellt wurde.

Die kommende schwarz-rote Regierung hat ihre Koalitionsverhandlungen erfolgreich beendet. Auf einer um 15:05 Uhr begonnenen Pressekonferenz Berlin haben die Spitzen von Union und SPD den groben Fahrplan für Deutschland bis – vermutlich 2029 – vorgestellt. Kein Thema auf der PK waren die Pläne der Koalitionäre im Medienbereich. 146 Seiten umfasst der Koalitionsvertrag insgesamt, für die Fernseh-, Streaming-, Produktions- und auch Verlagsbranche sind aber rund zwei Seiten besonders wichtig. Welche Medienpolitik planen CDU, CSU und SPD?

DIGITAL FERNSEHEN stellt hier in ungekürzter Länge den Abschnitt des Koalitionsvertrages dar, in dem es um die künftige Medienpolitik Deutschlands geht – zentrale Stellen wurden von unserer Redaktion fett markiert:

„Unabhängige und vielfältige Medien sichern eine freie öffentliche Debatte. Wir setzen uns im dualen Mediensystem sowohl für einen pluralen öffentlich-rechtlichen Rundfunk als auch für faire Regulierungs- und Refinanzierungsbedingungen für private Medien ein. Von zusätzlichen Werbebeschränkungen sehen wir ab. Wir prüfen die Einführung einer Abgabe für Online-Plattformen, die Medieninhalte nutzen. Die Erlöse sollen dem Medienstandort zugutekommen. Im Sinne der flächendeckenden Versorgung mit journalistischen Angeboten schaffen wir mit Blick auf die Gemeinnützigkeit Rechtssicherheit. Wir wollen einen intensiveren Diskurs über Medien und stärken dafür relevante Institutionen. Die Herausforderungen der Zustellung der Zeitungen werden wir mit den Verlagen erläutern. Das Wettbewerbsrecht muss auf allen Ebenen weiterentwickelt und mit dem Medienkonzentrationsrecht der Länder verzahnt werden, auch um Fusionen von Medienunternehmen mit Anbietern medienrelevanter Infrastruktur zu prüfen.

Zusammenarbeit im öffentlich-rechtlichen Rundfunk soll nach den aktuellen Reformen der Länder die Regel werden. Deshalb schaffen wir eine wettbewerbsrechtliche Bereichsausnahme, auch Kooperationen privater Medienhäuser sollen erleichtert werden. Die terrestrische Rundfunkverbreitung schützen wir als kritische Infrastruktur. Das UHF-Band steht auch Medien und Kultur zur Verfügung, die Abwägung mit Sicherheitsbedarfen wird derzeit evaluiert.

Gezielte Einflussnahme auf Wahlen sowie inzwischen alltägliche Desinformation und Fake News sind ernste Bedrohungen für unsere Demokratie, ihre Institutionen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die bewusste Verbreitung falscher Tatsachenbehauptungen ist durch die Meinungsfreiheit nicht gedeckt. Deshalb muss die staatsferne Medienaufsicht unter Wahrung der Meinungsfreiheit auf der Basis klarer gesetzlicher Vorgaben gegen Informationsmanipulation sowie Hass und Hetze vorgehen können. Systematisch eingesetzte manipulative Verbreitungstechniken wie der massenhafte und koordinierte Einsatz von Bots und Fake Accounts müssen verboten werden. Wir werden durchsetzen, dass Online-Plattformen ihren Pflichten hinsichtlich Transparenz und Mitwirkung gegenüber der Aufsicht nachkommen, sowie eine verschärfte Haftung für Inhalte prüfen. Outlinks zu Drittanbietern sind zuzulassen. Der Digital Services Act (DSA) muss stringent umgesetzt und weiterentwickelt werden, systemisches Versagen muss in einem abgestimmten Verfahren mit der EU-Kommission Konsequenzen haben. 

Die Fortentwicklung des europäischen Medienrechts muss unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips erfolgen. Die Spielräume der Mitgliedstaaten zum Schutz kultureller und medialer Vielfalt sind bei allen EU-Rechtsakten zu wahren. Wir unterstützen den Aufbau einer europäischen Medienplattform unter Einbeziehung von ARTE. Wir stärken die Deutsche Welle und novellieren ihre gesetzliche Grundlage als im Ausland verbreiteter Sender zeitgemäß.

Aufwachsen mit digitalen Medien braucht Medienkompetenz, aber auch einen effektiven Kinder- und Jugendmedienschutz. Ein kohärenter Rechtsrahmen zwischen Europa, Bund und den Ländern bietet die Chance, Parallelstrukturen abzubauen und effektive Rechtsdurchsetzung zu erleichtern. Deswegen gestalten wir das Jugendschutzgesetz kohärent zum DSA und zum Jugendmedienschutz-Staatsvertrag. Altersverifikation auf digitalen Endgeräten sollte Standard in Europa sein.

Wir setzen uns für sichere und gute Arbeitsbedingungen für Journalistinnen und Journalisten ein und schützen sie besser, indem sie eine Auskunftssperre im Melderegister erwirken können.“

Das Filmförderungsgesetz solle mit der Branche weiterentwickelt werden, heißt es zudem. Die Wettbewerbsfähigkeit des Filmstandorts Deutschland solle durch eine Filmförderungsreform verbessert werden, „bestehend aus einem steuerlichen Anreizsystem sowie einer Investitionsverpflichtung.“

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Bildquelle:

  • Reichstag-3: © Deutscher Bundestag/Simone M. Neumann
2 Kommentare im Forum
  1. 'Terrestrischer Rundfunk wird als kritische Infrastruktur geschützt' Wird dann das DVB-T2 bei uns im Thüringer Wald und auf dem Brocken wieder angeknippst? Angeblich schaut doch dort niemand terrestrisch. Oder hat man da am falschen Ende gespart?
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